I. Die Weslmächle und Rußland. 865 Cäsarismus, gegen welche sich im Jnlande und Anslande viele protestirendc Stimmen erhoben. Der große Eifer, mit welchem man im Jahre 1867 die Armee-Reorgani- sation vornahm, die Streitmacht durch Ausdehnung der Conscriptionspflicht und Errichtung der mobilen Nationalgarde vermehrte und die Truppen mit einer verbesserten Waffe, den weittragenden, leichten Chnssepotgcwehrcn, versah, welche zuerst in den Kämpfen gegen die Frcischaaren Garibaldi's im römischen Gebiet o-x-b« iM7. zum Schuhe der weltlichen Besitzungen des Papstes in Anwendung kamen, wurde vielsach als Anzeichen gedeutet, daß die Parole „das Kaiserthum ist der Friede" für die Zukunft außer Geltung gesetzt werden dürfte. Durch diese wohl- geriistete und imposante Militärmacht unter der Leitung des kampflustigen Marschalls Niel als Kriegsministers nahm Frankreich die Haltung einer Macht an, „die in den Falten ihrer Toga Krieg oder Frieden trägt". Nachdem Napoleon durch diese Militärorganisation das Kaiserthum in die Lage gesetzt, nach Außen die seinem Range gebührende Stellung zu behaupten, im Innern die feindlichen Elemente niedcrzuhalt<n, lenkte er mit der ihm eigenen m^usch-n Klugheit in freiere Bahnen ein, die zu der verheißenen „Krönung des Gebäudes" rs«s. führen sollten. Er gewährte Preßfreiheit mit weit gezogenen Linien gegen Ueber- schreituug und ließ sich selbst durch den schrankenlosen Gebrauch, den die lauten Stimmen der Opposition, wie Rochefort's „Laterne", von dem neuen Gute machten, nicht zur Verkümmerung des Zugestandenen fortreißcn. Nur als am 2. December die Widerstandspartei allzukühn hervortrat, eine Reihe von Zeit-E^ ungen Subskriptionen zu einem Denkmal für den auf der Barrikade gefallenen Baudin (S. 433) eröffneten, griff die Regierung wieder zu dem alten Mittel gerichtlicher Verfolgungen, mußte aber deshalb scharfen Tadel über sich ergehen lassen. Auch das freie Vereins- und Versammlungsrecht, das seit 1851 geruht, wurde hergestcllt und dadurch den alten Demagogen und Socialdemokraten ein weites Forum zu Angriffen gegen das herrschende System des „persönlichen Re giments" geöffnet. Diese inneren Angelegenheiten nahmen die französische Nation so sehr in Anspruch, daß der österreichisch-preußische Krieg sich ohne Frankreichs Einmischung vollzog. Wir werden die Haltung Napolevn's während der kriege rischen Ereignisse in Deutschland in einem andern Zusammenhang kennen lernen. Als Thiers am 3. Mai 1866 im gesetzgebenden Körper die deutschen Einheits bestrebungen als eine Gefahr für Frankreich hinstellte und verlangte, daß die kaiserliche Regierung auf Grund der Vertrüge von 1815 Protest dagegen erhebe, ergriff Napoleon die Gelegenheit um in einer Rede zu Auxerre den merkwürdigen Ausspruch zu thun: „Ich verabscheue die Verträge, auf die man uns jetzt ver weisen will". Nur vorübergehend wurde die Welt wieder durch Kriegsgerichte alarmirt, als die französische Ostbahngesellschaft unter Begünstigung der Re-'»oo. gieruug die Eisenbahn nach Brüssel durch Kauf an sich zu bringen suchte, weil man darin den ersten Schritt zur Annexion Belgiens zu erblicken glaubte. Doch