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III. Literarische Rundschau der Gegenwart re. 593 i und Landsmann, den größten Theil seines Lebens und Bützow ist der Ge burtsort von Hans Köster, Verfasser mehrerer historischen Roniane („Maria Lluarl"; „der große Kurfürst" u. a. . Die Universitäten Rostock (in Mecklen burgs und Greifswald (in Pommern sind die Pfleger deutscher Bildung und Literatur an den fernen Ufern der Ostsee, wo die plattdeutsche Mundart vor herrscht, in welcher Fritz Reuter (1819—1874 in Dichtungen und Erzählungen „Olle Kamellen", enthaltend: „Ut de Franzoscntid"; „Ut mine Stromtid"; „Dörchläuchting") das Mecklenburger Volksleben mit Gemüthlichkcit, liebens würdigem Humor und frischer plastischer Gestaltung geschildert hat. Eine auf - fallende Erscheinung in dem verständigen und nüchternen Norden ist der dem Katholicismus geneigte protestantische Pfarrer Mcinold (1797—1851), Ver fasser epischer und lyrischer Gedichte, humoristischer Reiscbildcr und des wunder lichen Romans „die Bcrnstcinhere", und abergläubischer Verfechter der „Lüning- ichen Weissagungen". 6. Schleswig-Holstein. Schleswig-Holstein, für seinen deutschen Patriotismus von Däne-«chu-mg. mark so hart behandelt, hat mit der deutschen Gesinnung auch die deutsche Bil dung sich erhalten. Die blühende Universität Kiel, wo der als Geschichtschreiber und Uebersctzcr griechischer Klassiker bekannte Prof. Droysen, der Historiker Gg. Waitz und viele andere Männer von deutscher Gesinnung und Wissenschaft längere Zeit wirksam waren, bewahrte lange den alten Ruhm, bis dänischer Grimm und dänische Rach- und Verfolgungssucht auch in die Räume der Wissenschaft ein- drangcn, wie sie schon vorher in Schule und Kirche gedrungen. — Der Drama tiker Friedr. Hebbel aus Dithmarschen, den wir früher kennen gelernt, hat sich nach einigen Wandcrjahren im Auslande, wozu ihm der König von Dänemark ein Reiscstipendium ertheilte, dauernd in Wien niedergelassen. Eben so hat Aug. Ainzer, einst ein Vorkämpfer burschenschaftlichcr Bestrebungen durch Lied und Wort, später Mitarbeiter an der Allg. Zeitung und in Geineinschaft mit seiner Gemahlin als Rovellenschriststcllcr thätig, sein Schleswig-Holsteinisches Vater land mit dem österreichischen Kaiserstaat vertauscht (ch 1868). In jüngster Zeit hat Klaus Groth aus Nord-Dithmarschen das Volksleben und die Gedankcn- und Gefühlswelt seiner Landsleute in seinem „Quickborn" mit begeisterter Liebe sm die alte Sitte und Volkssprache in plattdeutscher Mundart treu und anziehend dargestellt. Uebcr die ästhetische Berechtigung dieser Dichtungsart spricht er sich in seinem »Quickborn" folgendermaßen aus : „Es ist Mode geworden, die plattdeutsche Poesie als mundartige zu bezeichnen. Das Plattdeutsche hat verschiedene Mundarten, zum l Beweise, daß es selbst keine Mundart ist-, cs ist eine selbständige Sprache, die eben bürtige, ja ältere Schwester des Hochdeutsch. Sic hat für alle Töne der Mcnschenbrust s den direkten Ausdruck, für jeden Menschengcist den articulirten Laut, für jeden echten > Gedanken das rechte Gewand ; sie ist nicht etwa naiv oder komisch, oder derb oder W-t". WMgeWchN. XV. 38