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III. Literarische Rundschau der Gegenwart re. 583 land". Die ausgedehnten Buchhandlungen, die Menge von Zeitschriften ver schiedenen Inhalts, die berühmte Universität, das rege Leben während der Messen, der Einfluß eines ununterbrochenen literarischen Rufes, dies Alles hat der Stadt ein solches Gepräge von Bildung, Wissenschaftlichkeit, Kunst sinn und literarischer Regsamkeit verliehen, daß sie von jeher vorzugsweise als Musensitz galt und die bedeutendsten Schriftsteller, Dichter und Gelehrten anzog. Auch für die ernste Tonkunst wußte der früh verstorbene, als Künstler wie als Mensch ausgezeichnete Felix Mendelssohn-Bartholdy in Leipzig, dem einstigen Wirkungsort des großen Sebastian Bach, ein reges Interesse zu wecken und zu erhallen, und für Verbreitung der Alterthumswisscnschaft hat außer den großen Philologen, wie Gottfried Hermann, Ritschl u. A., besonders W. Ad. Becker durch deutsche Werke („Gallus, oder römische Scencn aus der Zeit Augusts") Vortheilhaft gewirkt. Unter den neueren Dichtern sind, seitdem der Dramatiker Julius Mosen, der sich auch im epischen Lehrgedicht („Lied vom Ritter Wahn"; „Ahasver"), in Volksliedern und Balladen („die letzten Zehn vom vierten Re giment"; „Andreas Hofer") sowie in Novellen und Romanen („Bilder im Moose"; „Georg Veulot"; „Kongreß von Verona") versucht und durch eine Reihe geschicht licher Dramen („Heinrich der Finkler"; „Cola Rienzi"; „Don Juan von Oester reich"; „der Sohn des Fürsten" u. a.) sich einen guten Nainen erworben hat, als Theaterdirector nach Oldenburg berufen wurde, wo er am 10. Oct. 1867 einer langen schmerzhaften Krankheit erlag, am bedeutendsten: I. Minckwitz aus Leipzig (Platens Freund und Ucbersetzer des Acschylos und Homer); Gustav Freytag, der beliebte Roman- und Dramendichter („Valentine", „Graf Walde mar" (ein Wüstling geheilt durch die Liebe und Unschuld einer Gärtncrstochter, ein Sittengcmälde aus der vornehmen Welt), „die Journalisten" (ein politisches Jntriguenstück voll dramatischen Lebens und gelungener Charakteristik), „die Fabier" u. a., der verbreitete Roman „Soll und Haben", das anziehende, gröh- lentheils aus alten Chroniken geschöpfte Buch „Bilder aus der deutschen Ver gangenheit" mit seiner Fortsetzung: „Neue Bilder", der Roman „die verlorene Handschrift" und in jüngster Zeit die Romandichtung „die Ahnen"); Hermann Marggraff (s- 1864 in Leipzig), mehrere Jahre Redacteur der „Blätter für liter. Unterhaltung", welche Stellung dann Rud. Gottschall übernahm; der Kritiker und Dramatiker Paul Lindau aus Magdeburg, der Begründer der politisch belletristischen Wochenschrift „die Gegenwart" und der Monatsschrift „Nord und Süd" und Verfasser mehrerer Theaterstücke („Maria und Magdalena"; „Ein Erfolg"; „Tante Therese"; „Gräfin Lea" u. a.), worin besonders psychische Con- flicte und sociale Gegensätze die Unterlage bilden, und zahlreicher monographischer Productionen kritisch-ästhetischen und literargcschichtlichen Inhalts; die Roman schriftstellerin Elise Polka, Tochter des bekannten Schuldirectors Vogel („Musi kalische Märchen"; „ein Fraucnleben" u. a.) und mehrere Schriftsteller des „jungen Deutschland". Freytags „Ahnen" sind geschichtliche Bilder und Scenen aus