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III. Literarische Rundschau der Gegenwart re. 567 vorragcnden Persönlichkeiten nicht ohne Einfluß auf den Charakter der Literatur blieben; aber einen geistigen Mittel- und Brennpunkt, von wo aus sich die Strah len nach allcn'Richtungeu ausgcbreitet hätten, wie in früheren Jahren die sächsi schen und thüringischen Länder, wird man vergebens suchen. Blieb auch Berlin vorzugsweise der Sitz der Philosophie und aller auf Spekulation und Systematik beruhenden Wissenschaften, München die Pflanzschule der schönen Künste und in neuester Zeit der Sitz einer regsamen schöngeistigen Lebcnsthätigkeit, Leipzig und Dresden der Mittelpunkt der literarischen Bestrebungen auf dem Gebiete der Kritik, der dramatischen Kunst und der Belletristik, so wird man doch auch in andern Gegenden ein selbständiges geistiges Leben und Wirken gewahr. I. Am Rhein. In den regsamen Städten des Rheins, namentlich in Düsseldorf, wo D>< Rb-m. wie wir bald erfahren werden eine der Münchener ebenbürtige Kunstschule^"^" eine große Wirksamkeit entfaltet; in Bonn mit seiner weltberühmten Universität, wo Arndt, Dahlmann u. A. wirkten und wo Beethoven, der phantasicvollste Tondichter, das Licht der Welt erblickte; in dem bewegten Frankfurt mit seinen historischen Erinnerungen, seinem Wohlstand und seiner ehrsamen, für Kunst, Literatur und jegliche Bildung empfänglichen Bürgerschaft wurden bie mannigfachen Gebiete der Literatur, Wissenschaft und Kunst mit Eifer und Erfolg bearbeitet. K. Jmmermann, (1796—1840) als Draniatikcr und Ro- mandichler unter dem Geschlechte der Nachgebornen („Epigonen") in der Vorder reihe, der Dramendichter Christ. Grabbe (1801—1836), ein verwildertes und »nkounnencs Talent, bei dem die gährende Leidenschaft nie zur Klarheit und Besonnenheit durchzudringen vermochte, die genialen Züge durch Uebertreibung, Regellosigkeit und häßliche Exentricitätcn verdunkelt wurden, („Don Juan und Faust"; „Herzog von Gothland"; „Hannibal"; „Friedrich Barbarossa"; „Hein rich VI."; „Hermannsschlacht" u. a. m.), die Lyriker Christ. Matzerath und der im Jahre 1858 jung verstorbene A. Schults aus Elberfeld („Martin Luther. Ein lyrisch - epischer Cyklus"; „Ludwig Capet"), der Dichter und Schriftsteller F. E. Rittcrshaus ans Barmen, der Bearbeiter und Sammler altdeutscher Heldensagen und Volkslieder K. I. Simrock, (ch 1876) der dich terische Doinhcrr W. Smets in Aachen, der Kritiker und Romanschriftsteller Levin Schücking („Schloß am Meer"; „Ritterbürtigen" u. a.), der beliebte fruchtbare Lustspieldichter Rod. Benedix (1811—73: „Doctor Wespe"; „der Liebesbrief"; „der alte Magister"; „das bemoste Haupt"; „der Steckbrief", „Aschenbrödel" und andere aus dem wirklichen Leben des deutschen Volkes ge- jchöpfte Bühnenstücke), der phantasievolle Dichter und Kunstkenner Gottfried Kinkel, der gelehrte Kunsthistoriker und Kunstkritiker G. Schnaase (1798—1875) u. A. m. lebten oder leben noch an den romantischen Ufern des Rheins, dessen Sagen die Dichterin Adelheid v. Stolterfoth, Karl Geib, Wolfg. Müller von