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II. Die deutsche Wissenschaft im neunzehnten Jahrhundert. 565 auseinander, auch wenn es ihnen beliebt. Damit ist die Familie, das sittliche Fun dament des Culturstaates zerstört. s. Der russische Nihilismus. In der gefährlichsten und verwildertsten Gestalt trat die revolutionäre Zeit- krankheit, der Haß gegen die bestehenden Ordnungen in Staat und Gesellschaft in den russischen Nihilisten auf, deren Namen aus dem Turgenjew'schen Roman „Väter und Söhne" stammt. Die Halbcultur der höheren russischen Gesellschaft, der unvermittelte Gegensatz zwischen einem äußerlichen leichten Civilisatiousfirniß und einer unausrottbaren Barbarei war ein fruchtbarer Boden für die Aus wüchse und Sumpfpflanzen der socialen Bewegung des Abendlandes, deren Lehren in Rußland um so verderblicher und verwirrender wirken mußten, als eine alte festgewurzelte Cultur und Bildung den Ausschreitungen nicht in dem Maße wie im Westen cntgegentrat, ein intelligenter besitzender Mittelstand nicht m demselben Maße die gesellschaftlichen Gegensätze ausglich. Die begabte, leichtempfängliche, aber oberflächliche und exccntrische Natur des Volks ließ auch den gebildeten Russen auf phantastische Wcltvcrbesserungspläne leicht hören, und je weniger in früheren Zeiten geschehen war, um einen vernünftigen maßvollen Fortschritt und Freisinn zur Geltung kommen zu lassen, um so mehr wuchs die Neigung, den revolutionären Lehren eines socialen und politischen Umsturzes Gehör zu geben nnd sie noch mehr als anderwärts ins Maßlose, Wilde und Grauenhafte zu steigern. Die großen und edlen, hie und da, wie z. B. bei Einführung der Schwurgerichte übereilten Reformen des Kaisers Alexander II. ^aren, eben weil jene Bestrebungen auf's Unerreichbare und Unmögliche, auf Umsturz und Anarchie, nicht auf vernünftige Besserung gerichtet waren, nicht vermögend, diese wilden Geister in die Schranken der Ordnung zu bannen, in der absoluten Auflösung aller Bande der Zucht und Sitte, der Autorität Obrigkeit, des Staats und Gesetzes, der Familie und Religion, ihr Ziel ^blickten. Die tiefe Corruption, die der Staatsverwaltung und der höheren Gesellschaft Rußlands als traurige Frucht eines Jahrhunderte langen Despotis mus anhaftet, führte diesen umstürzenden Tendenzen auch manche besser angelegte ^Hänger zu, die, empört über viele unverkennbare und unheilbare Mißstände öffentlichen Leben und der Staatsverwaltung, von den revolutionären Bestre- ungen der Anarchisten eine sittliche Wiedergeburt erhofften. Noch mehr aber die vollendete Blasirtheit und Abgestumpftheit der höheren russischen Gesell est schuld, daß man in dem zügellosen Treiben einer mit aller Sitte und Zucht Zerfallenen Jugend ^"?n willkommenen Kitzel erblickte und ihm bis in hoheLebens- e ungen hinauf Huldigungen darbrachte. Halbbildung und blasirte Ucber- ein zur Mode gewordenes Kokettiren mit der Verhöhnung jedes Rechts jeder Sitte war der Sumpfboden, aus dem diese Bestrebungen ihre Nahrung Denn nicht, wie anderwärts, die untern Stände, nicht Bauern und