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II. Die deutsche Wissenschaft im neun zehnten Jahrhundert. 531 Vs iil" v Liebig, geboren in Gießen, später in München thätig, welcher seine For-^^^ schungen auf die Vorgänge während des Lebens der Thiere und Pflanzen, namentlich den Crnährungsprozeß ausgedehnt und darin Resultate aus Licht gebracht hat, welche nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für die Volks- wirthschaft und die Gesundheitspflege von der höchsten Wichtigkeit sind. In Hermann Kopp hat die Chemie einen gründlichen Geschichtschreiber gefunden. Die Errungenschaften in der Physik und Chemie konnten nicht ohne Nutzen Phvö^'s». bleiben für eine Wissenschaft, die mit diesen in genauem Zusammenhang steht, die Physiologie, welche sich die Ergründung der Gesetze des Lebens als Ziel vor gesteckt hat, ja erst nachdem die Gesetze in den einfacheren Vorgängen der unbc> lebten Natur erkannt worden waren, konnte der Versuch gemacht werden, dieselben auch in den viel dunkleren und verwickelteren Vorgängen in lebenden Organismen »achzmveisen. Noch viele Räthsel sind hier zu lösen und werden vielleicht ewig ihrer Lösung harren. Mehr und mehr bricht sich die Ueberzeugung Bahn, daß in diesem Gebiete die exacte Forschung und damit die Möglichkeit des Begreifens »ur so weit reicht, als sich die Thätigkeit nothwcndig wirkender Naturkräfte ver- folgcn läßt, die von den die sogenannte todte Natur beherrschenden Kräften dem Besen nach nicht verschieden sind. Auch in der Physiologie wie in den übrigen Theilen der Naturwissenschaften ist die in Kurzem zu hoher Vollendung heran - Miste Experimentirkunst der Beobachtung ergänzend zur Seite gestanden und hat den heutigen Stand dieser Wissenschaft wesentlich mitbedingt. -Der Erste, welcher die Physiologie auf einen festen naturwissenschaftlichen Boden stellte, welcher mit Nachdruck auf die Anwendung physikalischer und chemischer Gesetze in Lieser Wissenschaft hinwies, der somit als der Begründer der modernen Physio logie angesehen werden kann, war Johannes Müller. Nicht minder hervor- wgend als Anatom und Zoologe, denn als Physiologe hat er sich besondere ^«t-i858. Verdienste nm die vergleichende Anatomie erworben, und dadurch wieder fördernd auf die Physiologie zurückgewirkt, indem er die allgemeinen Gesetze des Lebens w den verschiedenen Formen des organischen Daseins nachwies. Die von Müller betretenen Wege verfolgte sein Schüler und Nachfolger an der Ber liner Universität, Emil Dü Bois-R-vmond weiter, welcher hauptsächlich der Erforschung der physikalischen Vor;, äuge im thierischen Leben seine Kräfte i8is. widmete, und durch seine Entdeckungen über das elektrische Verhalten der Muskeln und Nerven neues Licht und nene Anschauungen über die verborgenen Gesetze der Lebenserscheinungen verbreitete. In gleichem Sinne und mit nicht geringerem Erfolg ist Helmholtz (in Heidelberg und Berlin) bestrebt, die so dunkeln und^miE räthsclhaften Vorgänge der Sinneswahruehmungen auf dem Wege des Experi- ments, der physikalischen, mathematischen und anatomischen Forschung, zu er gründen und zu erklären. In seinem ausgezeichneten Werk „die Lehre von den Tonempfindungen" hat Helmholtz nicht allein die feinen physikalischen Vorgänge iu> Ohr und in den Ncrvenapparaten bis in die äußersten Consequenzen verfolgt, 34* - ci^ oclb-' liinv Vik