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514 0. Cultur- und Geistesleben in Deutschland, verlegen, dein der Zögling cinzubilden und einzuvcrlcibcn ist, gehört cs wesentlichen Charakterzug der bedeutenden pädagogischen Schule, die sich an Herbart anschloß, den Menschen zunächst als Einzelwesen zu fasten und din Zweck der Erziehung nie außerhalb des Zöglings zu verlegen. Dieser Richtung gehören an Mager, Miguel, Kern, Rothert, ganz besonders aber Ziller und Mibn, Theodor Waitz und Stoy. Einen anderen Versuch in ähnlicher Richtung machte irss-isÄ C. E. Beneke, dessen als reine Naturwissenschaft construirte Seclenlehre sieb ganz im Gegensätze von Hcrbart gebildet hat und dessen untersten Grundsatz von der Einfachheit und Unveränderlichkcit der Seele verwirft. Nach ihm bringt der Mensch nur die Fähigkeit sinnlicher Empfindungen und Anschauungen uni ins Leben; es gilt nun, die Spuren, welche dieselben in der Seele zurücklassen, zu bewahren, sie nach ihren Achnlichkciten und Verschiedenheiten in sich zu vcr> binden und zu trennen, die unter ihrem Einflüsse entstandenen Anlagen aus;«' bilden; die Pädagogik ist cs, welche Kunst und Rcgcl in diesen Prozeß z» bringen hat. „Die Natur will — so lautet hier einer der obersten Sätze — da? der Mensch zuerst überwiegend sinnlich sei, darauf überwiegend reproduktiv O entwickele, und dann erst produktiv werde für das Intellektuelle. Diese Ordnung soll der Erzieher nicht stören". Solche Grundsätze, welche in ihrer Anwendung sich freilich mehr für Verstandes - als für Gemüths - und Charakterbildung er giebig erwiesen, wurden theoretisch weiter gebildet und praktisch verwcrthet durch Dreßler, Ueberweg; auch schloß sich, theilweise wenigstens, an sie die sogenauuu Gothaer Pädagogik an, vertreten durch Dittes, C. Schmidt, Kehr u. A. Neben diesen die pädagogische Entwickelung in erster Linie bedingend»! Philosophen, denen aber noch zahlreiche andere wie I. H. Fichte (der jüngere', der für die Gemeinschaft erzogen wissen will, und Krause, der dagegen den Zweck der Erziehung im Zögling selbst sucht, sich anschließen, sind es die große» Heroen unserer poetischen Nationalliteratur, welche theils durch Ausbildung uni Verfeinerung des allgemeinen Bildungsidcals, wie vor Allen Schiller und Goethe selbst, theils auch durch direkte Betheiligung an den Arbeiten der the»' J-an Paul.rctischen Erziehungskunst großen Einfluß gewonnen haben. So hat Jean Pa»! Friedrich Richter (XIII, 645) in seiner „Levana" einem Grundgedanken seines Lebens Anwendung auf die Pädagogik gegeben, der Anschauung nämlich vn» der, nur durch einen selbst schon Freigewordenen möglichen Befreiung und L»' sung des Jdcalmcnschen, der in jedem verborgen liegt, freilich aber nur in iud» vidueller Form ans Tageslicht gebracht werden kann. Es gilt also, zu de» Kleinen hinabzusteigen, wie die Götter zu den Menschen; aber mit Vorsicht, d» Niemand voraussehcn kann, „an welchen gefährlichen Stellen der Zukunft B der Zauberer, der in ein kleines Kind verwandelt vor ihm spielt, sich aufri^ als Riese". Beschirmen müsse mau daher das Kind vor allen heftigen und starken, vor allen süßen und weichlichen Empfindungen; ja keine verordne»» Rührungen, kein religiöser Methodismus! So ist das Buch Ausdruck en»»