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484 0. Cultur- und Geistesleben in Deutschland. in seiner Sprache die besondere Art aus, wie cs die Dinge der Außenwelt aE faßt. Dawit war ausgesprochen, daß die Einsicht in den Bau der Spra^ zugleich ein Einblick sei in das innerste Wesen eines Volkes und der gan^ Menschheit, ein Grundsatz, wodurch die Sprachwissenschaft die größte Bel» tung für die Entwickclungsgeschichte des gesannnten Menschengeschlechts erlM Alle Sprachen der Erde, lehrte Humboldt, müßten zu Hülfe gerufen werden, Unterlage für sprachphilosophische Betrachtungen und Untersuchungen zu dien» Nachdem Humboldt auf solche Weise Aufgabe und Ziel der sprachst schendcn Thätigkeit dargelegt, suchte er die vorhandenen Sprachen in ein miss» schaftliches System zu ordnen, auf den Bau der Sprachen die Klassification d»' selben zu gründen. Ausgehend von der Form des Worts, bei dem er zwiD Wurzel und Beziehungslauten unterschied, theilte er die Sprachen in drei KlaM in isolirende oder einsilbige Sprachen, worin die Sprachwurzeln, d. h. die"" Anfang der Sprachschöpfung entstandenen Lautgruppen einfach nebeneimni^ gesetzt sind; in eine zusammenfügende (agglutinirende) Klasse, die durch äiM liche Aneinanderfügnng oder Einverleibung von Wurzeln dem Verständnis Hülfe kommen und die Zusammengehörigkeit so wie die Beziehungen der ein/ neu Begriffe auszudrücken strebt, und in eine flcctirende Klaffe mit wirkOs Abwandlung der Wurzeln. Bei dieser Eintheilung setze jede höhere Klasse niedrigere als Vorstufe voraus und alle zu einer und derselben Klasse gehörig Sprachen seien untereinander als formverwandt zu betrachten. Berscht davon sei die materielle Verwandtschaft, welche die Sprachstämme bildet, dk» man bis jetzt drei aufgestellt hat, den indogermanischen, den semitischen und finnisch-tatarischen. Alle zu Einem Stamm gehörenden Einzelsprachcn gcP auf eine einstmals ungetheilte Grundsprache zurück; die Spuren dieser Gru^ spräche in den vorhandenen Idiomen zu entdecken, ist seitdem das HauptbesM^ der vergleichenden Sprachforschung. Dabei steht der indogermanische Spr^ stamm in erster Linie, daher auch die linguistische Thätigkeit vorzugsweise d^' gerichtet blieb. Nicht blos daß Bopp fortfuhr, durch mehrere Schriften, W dcrs durch das epochemachende Werk „Vergleichende Grammatik des Sansk» Send, Armenischen, Griechischen, Lateinischen, Littauischcn, Altslavischcn, thischen und Deutschen" die Sprachkunde zu bereichern, und die linguistis^' Gesetze und grammatischen Verhältnisse festzustellen; auch ein anderer gni"s g-b Forscher, Aug. Friedr. Pott in Halle, widmete in dem bedeutenden „Etymologische Forschungen auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen^ besonderem Bezug auf die Lautumwandlung im Sanskrit, Griechischen, nischcn. Littauischcn und Gothischen" dem indogermanischen Sprachstannn seinen Familien eingehende Studien. War Bopp der Bahnbrecher in der Zerglicderungskunst, der Meister in der tomie des grammatischen Baues, so gebührt Pott das große Verdienst, als Spcziaß» der vergleichenden Grammatik die sogenannte vergleichende Etymologie in großarV