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478 6. Cultur- und Geistesleben in Deutschland. I. I. Winckelmann erfuhr, theils die großartigen Bewegungen in der deutsche» Nationallitteratur: und hier war die Wirkung eine gegenseitige, wie ja Lessing und Herder, die Schlegel und I. H. Voß auf beiden Gebiete» thätig waren, Goethe und Schiller vielfach von den philologischen Forschungen und Resultaten berührt wurden. Das Verdienst die Philologie selbständig gemacht, namentlich von der Theo- 17W-U2'logie losgelöst zu haben, gebührt Ehr. Gottlob Heyne in Göttingen. Ohne Strenge und Schärfe, aber mit einer bis dahin unerhörten Empfänglichkeit und Lebendigkeit griff er die Aufgaben der Philologie allseitig an, zeigte und weckte er eine Begeisterung, welche an die italienische Philologie der Renaissance erinnerte. Was Heyne begonnen führte zum Theil in Gegensatz zu ihm sein größerer ins-Nu Schüler Friedr. Aug. Wolf durch (zuerst Professor in Halle, dann Mitglied der Berliner Akademie), der epochemachend wirkte durch seine Prolcgomena z» Homer sür die Auffassung der epischen Poesie und der homerischen Kritik, durch seine gesammte Thätigkeit und seine systematischen Ausführungen für die Auf fassung der Alterthumswissenschaft überhaupt in ihrer Aufgabe, ihrer Gliederung und ihrem selbständigen Werthe. Neben und nach Wolf übte als Lehrer, wie Hamann als Gelehrter den weitgreifendsten Einfluß Gottfried Hermann in Leipzig, 1772-1S48. he,., angeregt von den Meistern der englischen und holländischen Philologie, . besonders R. Bentley und T. Hemsterhuis, auch seinem nachmaligen Gegner R. Porson, sich zunächst der Kritik und Exegese widmete, dann aber die Metrik und Grammatik selbständig förderte, indem er das Studium der letzteren nament lich durch größere Beachtung der griechischen Dialekte und weiter durch eine rationellere, von Kant befruchtete, Behandlung zu heben suchte. Gegen den einseitigen Formalismus Hermanns und seiner Schule richtete" sich mehrfache Angriffe und cs entstcmdcn literarische Fehden zuerst mit Wolfe ns»-?/«?' bedeutendstem Schüler August Böckh in Berlin, der, in manchem Betrachte an den Heros der französischen Realisten I. I. Skaligcr anknüpfend, die reale» Disciplinen und die historische Betrachtung in den Vordergrund stellte; weiterhin i784^is«" ""t dem phantasievollen Fr. G. Welcker in Bonn, der für die Literaturge schichte, Mythologie und Archäologie neue Wege suchte, und endlich mit K. Otfried - ^7-^184" M M l c r - der besonders durch seine Geschichten hellenischer Städte und Stämme und durch mythologische und archäologische Arbeiten hervortrat. Die vielfache" Streitigkeiten über den Vorzug der „Sprachphilologie" oder „Sachphilologie"- an welchen auch die Anhänger der genannten Häupter sich betheiligten, führten z" einem Ausgleich, der das Berechtigte auf beiden Seiten anerkannte. Dieser Aus gleich mußte um so leichter eintrcten, als auch die mehr formalen Disciplinen, d" Kritik und Grammatik, durch ein historisches Prinzip neu belebt wurden. Gegen über dem eklektischen Verfahren, das noch Hermann wesentlich befolgte und nur durch seinen eindringcnden Verstand und seine glänzende Divinationsgabc erhob- fing man an methodisch der Geschichte der Ncberlieferung nachzugehcn und sch"^