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462 0. Cultur- und Geistesleben in Deutschland. um die Bildung der österreichischen Geistlichkeit wie um die Dichtkunst hochvcrdicnM Prälat. Unter seinen poetischen Werken sind seine epischen Dichtungen s,Perlen der heiligen Vorzeit"; „Tunisias"; „Rudolsias") am bedeutendsten; doch sind auch seine lyrischen Gedichte, besonders die „Lieder der Sehnsucht nach den Alpen", und seine historischen Schauspiele („die Korvinen"; „Karl der Kleine"; „Zriny's Tod") nicht ohne GrillpaiM. Werth. — Franz Grillparzer, geb. zu Wien 1790; Privatsccrctär der Kaiserin und seit 1832 Archivdirector; von seinen sonstigen LcbenSumständen ist außer einer Reise nach Italien und Griechenland wenig zu berichten, da er sehr zurückgezogen lebte. Unter seinen dramatischen Werken sind außer der einst bewunderten, später verspotteten „Ahn frau" hervorzuhcben : „Sappho"; „König Ottokar's Glück und Ende"; „des McereS und der Liebe Wellen", in welchem letztem die Sage von Hero und Leander zart und finnig behandelt ist, u. a. m. Bei Gelegenheit seiner achtzigjährigen Geburtstags feier ist der Name des greisen Dichters aufs Neue in die Oeffcntlichkcit getreten, wobei ihm viele Beweise der Anerkennung von allen Seiten zu Theil geworden sind. — CastkM.Jgn. Friedr. Castelli, geb. 1781 zu Wim, wurde durch eine mühsame Bcaw- tenlausbahn weder seines Mutterwitzes noch seiner angcbornen Laune beraubt. Nach dem er sich durch eine Anzahl von Lustspielen, Travestien, Uebcrsetzungen und lyrischen Gedichten („Patriotische Kriegslieder für die österreichische Armee") einen Namen ge macht, erlangte er die Stelle eines Hoftheatcrdichters, die er besonders dem großen Erfolg seiner „Schwcizcrfamilic" zu verdanken hatte. Außer seinen dramatischen Dich tungen, unter denen „die Waise und der Mörder" am bekanntesten ist, hat Castelli noch eine große Menge Gedichte, Anekdoten, Erzählungen u. dergl. verfaßt und war der Herausgeber des Taschenbuchs „Huldigung der Frauen". Die Travestie „der Schicksalsstrumpf" erschien unter der Bezeichnung: Von den Brüdern Fatalis. -- Deinhaid-Ludw. Franz Deinhardstein, geb. 1794 in Wien, Bicedircctor am Hofburg- thcatcr, mehr durch seine „dramatischen Dichtungen" (Künstlcrdramcn) und „Theater stücke" als durch seine lyrischen Gedichte bekannt. Zu seinen beliebtesten Dramen ge hören „Boccaccio"; „Hans Sachs"; „Garrick in Bristol"; die verschleierte Dame" u.a. Die „Skizzen einer Reise" sind obcrsiächlich. Er starb 1859 in Wien. 5. Frautnlittratur. Cdarakm Die hohe, durch den langen Frieden gesteigerte und über alle Stände und d°meraw/ Volksklassen verbreitete Cultur uud die durch den Mangel großer Thate» und Begebenheiten erzeugte Wichtigkeit literarischer Erscheinungen führte Viele, die in andern Ländern und unter andern mehr natürlichen Verhältnissen sich dem praktischen und handelnden Leben zugcwendet haben würden, auf das Gebiet der Wissenschaft, Knust, Literatur und Schriftstellern. Dabei blieben auch die Frauen nicht zurück. In Briefen, Gedichten, Romanen, Reisebeschreibungcn, Uebersctzungen u. dergl. traten sie vor die Oeffcntlichkcit und setzten die altehr würdige Sitte, welche den Frauen Schweigen aufcrlcgt in der Versammlung, bei Seite. Nur Wenige bewahrten dabei die der weiblichen Natur angemessene poetische Innigkeit, zarte Gcfühlsamkeit und schüchterne Sitte; die Meisten ver gaßen das Wesen und die Bestimmung des Weibes, ergriffen mit der Lebhaftig keit und Heftigkeit einer aus der Bahn gerückten Natur häufig die äußerste Mei-