V. Ungarns Erhebung und Fall. 403 in seinen Tiefen aufgeregten Volkes zu wahren und den durch den niuthwilligsten Eigensinn der herrschenden Partei in Ungarn nicht mehr blos gefährdeten, son dern bereits drohend erschütterten Bestand und Verband der österreichischen Mon archie zu erhalten". „Er wolle die ungarische Nation ans den Händen einer Fraction befreien, welche die Macht der Krone durch Trug und List gebrochen, die Eintracht unter den Völkern zerstört, Ungarns gesetzmäßige Verbindung ge waltsam gelockert habe." Ohne Widerstand drang Jcllachich bis zum Plattensee vor; die ungarischen Truppen, größtentheils unter österreichischen Anführern, waren unschlüssig, an Zahl schwach und keineswegs zum Kampfe begierig; und da weder von den Magyaren, noch von der österreichischen Regierung das letzte entscheidende Wort gesprochen war, so mußte in die ungarischen Heere eine schwankende, kraftlähmende Haltung und ein unsicherer Geist kommen. Die Magyaren betraten noch einmal den Weg friedlicher Vermittelung in Oesterreich. Sie wendeten sich an den Wiener Reichstag, stießen aber auf denselben Stam- wesgroll, welcher der österreichischen Regierung allenthalben den Sieg über die zwieträchtigcn Völker erleichterte. Durch den Einfluß der Slaven vom Reichstag zmückgcwiesen und durch die Schritte der Regierung mehr und mehr in der Meinung befestigt, daß weder die Wünsche und Bestrebungen des Reichstages in Pesth von dem Wiener Hof angenommen, noch die im März gegebenen Zu sagen ihrem ganzen Umfange nach erfüllt werden würden, daß vielmehr die österreichische Regierung die finnischen Aufstände offen oder geheim begünstige, um vermittelst eines erbitterten Stannneshaders über alle Gegner zu triumphi- ren, sahen sich jetzt die Magyaren auf ihre eigene Kraft gewiesen und trafen krie gerische Anstalten. Die Erscheinung Jellachich's mit seinen Kroatenschaarcn in der Nähe der vudwig Hauptstadt steigerte die Wuth und bewirkte, daß Kossuth's volksthümliche Beredsamkeit über die warnenden Worte der Besonnenen den Sieg davontrug. Der ungarische Landsturm trat ins Leben; die Aufregung des leidenschaftlichen Volks wurde zum Fanatismus gesteigert; ein Nationalkrieg der heftigsten und Mutigsten Art nahm seinen Anfang. Durch den Rücktritt des Erzherzogs Stephan öon der Würde eines Palatin und durch Batthyanyi's und Eötvös' freiwillige Verzichtleistung auf ihre Ministerstcllen kam die Leitung der Dinge gänzlich in die Hände Kossuth's und der magyarischen Eiferer. Die gräuliche Ermordung des zum Oberbefehlshaber der ungarischen Truppen ernannten Grafen Lain - r^S-ptbr. derg auf der Schiffbrücke gab ein schreckliches Zeugniß von der in Ungarns Hauptstadt herrschenden Wuth und Aufregung. Diese Schreckensthat, sowie die sch gleichzeitige Kunde, daß Graf Zichy, des Kaisers Conimissar bei Jcllachich und seiner Armee, von dein Magyarenführer Görgcy als Verräther standrccht- iich durch den Strang hingerichtct und seine im Keller verborgenen Schätze entfuhrt worden seien, hatte die Auflösung des ungarischen Reichstages, die Erklärung des Kricgsstandes über das ganze Königreich und die Ucbertragung 26*