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392 u. Revolutionsbcwegungen der Jahre l 848 bis 1 85 l. Verfassung bereits Einleitungen getroffen. Stimmten sie doch mit den Prinzipien überein, welche die Heidelberger März-Versammlung (S. 306) ausgestellt hatte Aber Bade», im Süden und Westen von zwei demokratischen Republiken um geben, war zu günstig gelegen, als daß die Förderer der Revolution dasselbe hätten missen können. Hier mußte man also, um doch den Schein zu wahre» und dem, wenngleich in seinen Begriffen verwirrten, darum jedoch nicht alles Rechtsgefühls baren Volke nicht allzusehr gegen den Sinn zn handeln, das System der Lüge in großartigem Maßstabc aufrichte». aus ras zÄ Vtele Umstünde kamen zusammen, um eiueu Aufstand in solchem Um- 1»^. fange hervorzurufcu. Durch seine freisinnige Verfassung von jeher der HaupG des Liberalismus uud der landständischen Opposition, war Baden reich a» volksthümlichen Rednern, an politischen Agitatoren, an kecken Journalisten, die in ihren: Kampfe für Fortschritt und Volksaufklärung nicht immer das rechte Maß einhielten und ihre dem ganzen deutschen Staatswesen geltende» Angriffe stets in erster Linie gegen die eigene Landesregierung richteten, welche freilich oft durch herbe Formen, durch unbedingte Versagung, durch Einwirkung auf die ständischen Wahlen und durch Zurücksetzung liberaler Beamten in früher» Jahren die Gegenpartei gereizt hatte. Dadurch wurde eine Kluft zwischen Volk und Regierung geschaffen, in welche das Jahr 1848 seinen vergifteten Same» streute. Die französische Februar-Revolution fand in Baden einen günstigen Boden für die verführerischen Lehren ihrer Propaganda, und die wiederholte» Versuche, hier zuerst die Fahne der Empörung für ganz Deutschland aufzu- pflanzcn, hielten das Volk in steter Aufregung. Zuerst erzeugte die Nachricht, daß der „Poet" Herwegh an der Spitze deutscher Arbeiter, die in Paris auf den Barrikaden gefochten, zur Crkämpfuug republikanischer Freiheit den deutsche» Strom überschreite, eine wilde Gährung in den untern Volksklassen; dann erließ Friedrich Hecker, um nicht das Schicksal seines Freundes Fickler zu theile», Abgeordnete Mathy wegen beabsichtigten Landcsverraths verhaftet Mw-Apm. hatte, einen Aufruf an die streitbaren Bauern des Oberlandes, sich zu bewaffne» uud auszuzichen zum heilige» Kampf für die Freiheit. Eine volksthümliche Gestalt in: Rinaldini-Aufzug, riß Hecker im Sturme wilder Begeisterung die streitbare Jugend mit sich fort und wirkte mit romantischem Ungestüm auf die erregte Phantasie des Volks. Die Unterdrückung des Aufstandes und die kläg liche Haltung der Freiheitskämpfer gegenüber den Bundestruppen minderte nichts an seinem Ruhme. Die Anhänglichkeit des Volks begleitete ihn auf seiner Flucht nach der Schweiz und ans seiner Reise nach Amerika. Das „Heckcrlied", nach der Melodie „Schleswig-Holstein meerumschlungen", blieb fortan die Mar seillaise der deutsche,: Republikaner. Im Laufe des Sommers nahm die Auf regung in Baden keineswegs ab; durch lärmende Volksversammlungen, durch politische Vereine, durch eine zügellose, alle gesetzlichen Grenzen überschreitende Presse wurde unter den Augen der Regierung, die wohl den Willen, aber nicht