Volltext Seite (XML)
IV. Die deutschen Verfassungskämpfe. 361 Reichsverfassuug in den Fahneneid in erster Stelle aufzunchmcn ist. 3) Die Beschaffung der finanziellen Hülfsmittel, wozu außer den Rcichszöllen und den Matricularbciträgcn der Einzelstaaten auch das Recht eigenmächtiger Besteue rung und Reichsanlchcn gehörte. Im Interesse der staatlichen Einheit wurde bla"' c S-' das gesammte deutsche Land zu Einem Zoll- und Handelsgebiet umgestaltet und daher die Ocffnung der Verkehrswege, die Befreiung der deutschen Ströme, die oberste Leitung der Eisenbahnen, Poften u. dgl. der Reichsgcwalt zugethcilt und ihrer Sorge zugleich die Einführung eines gleichen Münz-, Maß- und re»"' d-d" r a"' dS^' str^' e b°' als' Gewichtssystcms, sowie die Wahrung des „Reichsfricdens", die Aufrcchthaltung der inncrn Sicherheit und Ordnung anhcimgcgeben. Die Aufrichtung eines obersten „Reichsgerichts", welches, allen Vcr- ^RE. fassungsgcwaltcu übergeordnet, den Streit zwischen Ständen und Regierung, zwischen Staat und Staat, zwischen Reichsgcwalt und Einzelrcgicrung schlichrcn sollte, verlieh der Verfassung „die Bürgschaft ewiger Rechtsordnungen". Unter heftigen Parlamcntskämpfen kamen die Satzungen über den „Reichs-» tag" zu Stande. Die Anträge der Linken zu Gunsten des Einkammersystems, „c"' F poü hrc" . d" sd" wie' „ad a-h' ric' st-" w" il" der beliebten Theorie aller Radicalcn, erlagen bald der überzeugenden Beweis führung der Verfechter des Zweikammersystems. Ein Vorschlag, wonach ein Zustand von Unstätigkcit und haltloser Beweglichkeit in die gesetzgebende Gewalt eingesührt worden wäre, konnte vor einer gesunden Staatsweisheit, die Ver nunft, Geschichte und Erfahrung auf ihrer Seite hatte, nicht bestehen. Man beschloß eine zweigegliedcrte Vertretung: ein Staaten Haus, auf dem^«^E Grundfatz der Selbständigkeit der Einzelstaaten beruhend, dessen Mitglieder daher aus der gemeinsamen Wahl der Regierungen und Ständevcrsammlungcn hervorgchcn und sich an Zahl nach dem Umfang der abfendenden Einzelstaaten richten sollten, und ein Volkshaus, das, aus dem Boden der Nationalsou- veränetät erwachsen, der Einheit des Volks als Träger und Erhalter dienen und aus freier Volkswahl nach einem befondern Wahlgesetz hcrvorgehen sollte; für senes wurde eine sechs-, für dieses eine drcisährige Erneuerungsperiode festgesetzt. 3u einem Beschluß sollte die Thellnahme von wenigstens der Hälste der gesetz lichen Anzahl der Mitglieder ersorderlich sein. Weigert sich aber die Rcichsrcgie- rung, den Beschluß der beiden Häuser als Gesetz einzusühreu, welche Bestim mungen sollen dann gelten? Soll dem Reichsoberhaupt ein unbeschränktes oder nur ein verschiebendes Einspruchsrecht s absolutes oder suspensives Veto) zu stehen? Für senes trat Dahlmann in die Schranken und kämpfte, wie einst Mirabeau, sür die Würde der Krone, deren Glanz aus den Staat selbst zurnck- salle. Allein wie sehr er und seine Gesinnungsgenossen auch uachwiesen, daß ein wahrhaft konstitutioneller Regent sich wohl hüten würde, von einem solchen Vorrechte Gebrauch zu machen, daß aber dessen Schmälerung dem Ansehen der Krone schaden mußte; das von Fallati in Antrag gebrachte suspensive Veto erhielt die Stimmenmehrheit und wurde in folgender Fassung zürn Beschluß vi-