Volltext Seite (XML)
20 .V. Zwischen zwei Revolutionen. Inäristriols), worin er die Industrie als den Mittelpunkt der Weltbewegung dar stellte, suchte er die Doctrin zu begründen, „daß der Höhepunkt der Civilisalion nur erreicht werden könne, wenn die arbeitende Klasse, ans welcher die Eristcnz der Gesellschaft beruhe, die Hauptstellc iui Gcmcinleben cinnchme". Die in diesen Schriften und in St. Simon's letztem Werk »Konveau (Mristiirnismu!« uicdcr- gclegten Ideen und Theorien von einem neuen Industriestaat uud gesellschaft lichen Organismus, während der Restauration von seinem Licblingsjüngcr R°dngmr. Olinde Rodrigues treu bewahrt, fanden in den Tagen der Aufregung nach der Julirevolution einen fruchtbaren Boden und zahlreiche Anhänger, welche die unklaren dunkeln Gedankenkeime des Meisters näher entwickelten und praktisch gestalteten. Die Zeitschrift »1-6 Lrocknotonr« mit dem Motto: „Das goldene Zeitalter, das eine blinde Tradition in die Vergangenheit versetzt hat, liegt vor uns", war ihr Organ. Anfangs wenig beachtet, erging cs nach Rcybaud's Ausspruch dem in die Welt hinausgesandten Wort wie dem Samen, den der Wind von einer Zone zur andern trägt; er fliegt über die Meere und entkeimt von dem Baume, der ihn erzeugt hat. Bazard, ein beredter, talent voller, für Freiheit und Volksbeglückung begeisterter Mann, früher Haupt des Carbonaribundcs in Frankreich, trug vor einer empfänglichen Zuhörerschaft die neue politisch-sociale Lehre vor, daß „die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen" aufhören müsse, daß durch eine gerechtere Ausgleichung des Eigen thums dein Zufall, der hetzt das Loos der Menschen lenke, abgeholfen werden solle, und daß zu dem Zweck das Erbrecht der Familie aufgehoben, das hinter lassene Vermögen in die Hand des Staates gelegt und vermittelst eines ver zweigten Banksystems nach dem Grundsätze vcrthcilt werde: „Jedem nach seiner Fähigkeit, jeder Fähigkeit nach ihrer Arbeit", so daß die Stellung des Indivi duums nicht von dem Zufall seiner Geburt, sondern von seinem Verdienste ab hänge. Bazard wurde der eigentliche Begründer dcr Schule. Er war der eifrige Jünger, welcher des Meisters Lehren mit dem Feuer begeisterter Ueberzeugung iu sich aufnahm und in der Schrift: Mootrino cka 8t. 8imoir« die einzelnen Aussprüche und Sätze zu einem System verarbeitete. Das Tageblatt »Or^a- nisatsnr«, das nach dcr Julirevolution in dem größeren Journal »1-6 (Hollo« aufgiug, entwickelte und verbreitete die St. Simonistische Gesellschaftsorganisa tion nach dem Egalitätsprinzip mit Aufhebung aller Vorrechte der Geburt und alles Privaterbrechts. Enfanttn Das Losungswort gab Barthelemy Prosper Cnfantin in seiner »Loo- 'nornio poLtigno« durch den Satz: „Die Gesellschaft besteht gegenwärtig nur aus Müßiggängern und Arbeitern, die Politik niuß zum Ziele haben, das Loos der letzteren zu verbessern und die Klasse der ersteren aufzuheben. Dazu dient die Aufhebung des Erbrechts". Zugleich verkündete Enfantin, ein unklarer, der Sinnlichkeit ergebener Schwärmer, das neue Evangeliuin der Harmonie des Fleisches und Geistes, und stellte der christlichen Lehre