Volltext Seite (XML)
IV. Die deutschen Verfassungskämpfc. 351 Straßen gelockert, für Unterhalt und Verpflegung von den städtischen Behörden Anstalten getroffen. Aber was vor Allein den Biuth und die Hoffnung der Wiener Insurgenten belebte, war der erwartete und verheißene Zug der Ma gyaren, deren Hülfstruppcn inan schon von dein Bcobachtungsort auf dem Stcphansthurni zu bemerken glaubte. Unter diesen Anstalten und Zurüstungen hatte der Bau die südliche Seite der Stadt am Wieuerberg mit 50,000 Maun kaiserlicher Truppen der ver schiedensten Waffengattungen, Kriegstrachten und Nationalitäten besetzt. Ein buntes Völkergcmenge, das an Wallensteins Lager erinnerte; Kroaten und Grenzer, mit und ohne Uniform, die gefürchteten Rothmäntel oder Screschancr standen neben italienischen und polnischen Truppen und Husaren in prunkenden Gewändern. Eine mannichfaltig gemischte Kricgsmcnge, durch das starre Com- uiando und die militärische Zucht zu einem festen Körper verbunden, gegenüber einer beweglichen, von dem vagen Begriffe der Freiheit getriebenen, an Zucht und Unterordnung nicht gewöhnten Jnsurgenteumassc. Graf Auersperg, der Gesinnung seiner Soldaten mißtrauend, räumte seine bisherigen Standorte, die sofort von der Studentenlegion besetzt wurden, und vereinigte sich mit Jellachich. Bald erschien auch Fürst Windisch-Grütz, den der Kaiser zum Oberbefehls-20. oabi. Haber aller Truppen, mit Ausnahme der italienischen, ernannt und zur Züchti- gung der empörten Hauptstadt mit unumschränkter Vollmacht ausgerüstet hatte, mit großer Heeresmacht in der Nähe Wiens. Eine kaiserliche Proclamation, die ihm voranging, suchte die aufgeregten Gemüther des Volks zu beruhigen und von einer Betheiligung an der Erhebung abzumahnen, indem sie die Ver sicherung gab, daß die gewährten Rechte und Freiheiten ungeschmälert erhalten, die verheißene Verfassung zur Vollendung geführt und das Gesetz über die Ab lösung der bäuerlichen Lasten und Zehnten in Ausführung gebracht werden sollte. In Anwendung der militärischen Maßregeln sollte nur so weit gegangen werden, „als zur Herstellung der Ruhe und Sicherheit, zum Schutze aller getreuen Staats bürger, sowie zur Aufrechterhaltung der Würde des konstitutionellen Thrones nöthig sein werde". Der besonnenere Theil der Wiener Bevölkerung hätte gern noch bei Zeiten eingelcnkt, zumal da die schwankende Haltung der ungarischen Armee, die bald zaudernd still hielt, bald rückgängige Bewegungen machte, wenig Aussicht auf kräftige Unterstützung bot; allein der revolutionäre Geist war schon zu mächtig geworden, die Leitung der Dinge war schon zu sehr in die Hände der äußersten Partei gerathen, als daß noch eine Vermittelung möglich gewesen wäre. Schleunige Flucht schien noch die einzige Rettung, und viele Einwohner, darunterauch mehrere Mitglieder des Reichstags, ergriffen diesen Ausweg, ehe sie durch den Terrorismus im Innern oder durch die militärische Sperre von Außen daran gehindert wurden. Der zum Feldmarschnll ernannte Fürst Windisch - Grätz hatte bereits alle Anstalten zur völligen Einschließung der Stadt getroffen. Eine Proclamation ^^rro.