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320 13. Ncvoluti onsbcwegungcu der Jahre 1848 bis 1851. das Oberhaupt der Kirche der nationalen Sache untreu geworden sei, entfremdete ihm mehr und mehr die Herzen des römischen Volks und der Patrioten. Auch mußte er den Verdruß erleben, daß Oesterreich, stolz über die neuen Waffen- erfolge, seine Fricdensvermittclung zurückwics. Der rcactivnärc Staatsstreich in Neapel galt als die nächste Wirkung der Allocution und stachelte immer mehr die Volksleidenschaftcn gegen die geistliche Herrschaft auf. Der kluge Italiener Rossi aus Carrara, der einst in Gens die Rechtswissenschaft gelehrt, daun in Paris bei Louis Philipp und Guizot eine einflußreiche Stellung bekleidet und wichtige diplomatische Aufträge vollfuhrt hatte, wurde von Pius IX. als kon stitutioneller Minister berufen, um die Zügel der Regierung, die den schwachen Händen des Kirchenfürsten zu entgleiten drohten, wieder fester anzuziehen. Aber durch die ernsten Maßregeln, die Rossi gegen die wachsende Anarchie ergriff, zog er sich so sehr den Haß der römischen Demokraten zu, daß er bei Eröffnung der Kammern auf der Treppe des Ständchauses an derselben Stelle, wo einst Cäsar gefallen, durch einen Dolchstoß in die Kehle ermordet wurde, worauf der zügellose Pöbel, geleitet von dem demokratisch gesinnten Karl Lucian Bonaparte, Fürsten 15. N°vb,. von Canino, den Quirinal umstellte und den Papst mit Drohen zur Ernennung ' eines radikalen Ministeriums zwang, in welchem neben dem wieder berufenen Mamiani der Advocat Galletti und der alte Demokrat Sterbini den größten Ein fluß hatten. Von da an wich Ordnung und Gesetzlichkeit aus der ewigen Stadt. Die Deputirtenkammer war ohne Macht und wurde durch den Austritt vieler Mitglieder so geschwächt, daß sie kaum noch beschlußfähig war; der demokra tische Volksclub führte mit Hülfe des rohen und robusten Pöbels von Trastevere das Regiment, seitdem die päpstliche Schweizergarde entwaffnet und verabschiedet worden und eine unzuverlässige Bürgerwehr an deren Stelle getreten war; viele Cardinäle entfernten sich; Pius IX. wurde wie ein Gefangener bewacht. ^1848° Empört über diese Vorgänge und in seiner Sicherheit bedroht, entfloh -Ächen endlich der Papst unter Beihülfe des bairischen Gesandten Grafen Spaur vcr- Repubnk. leidet nach Gaeta, wo er ein neues Ministerium bildete und gegen alle Vorgänge in Rom Protest einlegte. Dieser Schritt verschaffte vorerst der republikanische» F-br. 1840. Partei in der Tiberstadt den vollständigsten Sieg. Eine neue constituireude Ver sammlung wurde einberufen, die in einer ihrer ersten Sitzungen das Papstthm» seiner weltlichen Macht entkleidete, eine römischeRepublik einführte und für die Vereinigung Italiens unter einer demokratisch-republikanischen Staatsform aus allen Kräften zu wirken beschloß. Der Bannstrahl des Papstes wurde von dein Volksverein mit einem höhnenden Aufzug beantwortet. Eine provisorische Regie rung unter der Leitung von drei Männern (Triumvirat) übernahm die Verwal tung des Freistaats, indeß die constituirende Versammlung Hand an das Kirchen- vermögen legte, um kleine Pachtgüter für die Armen daraus zu bilden, und Garibaldi aus Nizza (geb. 4. Juli 1807), ein kühner Freischaarenführer, der sich als politischer Flüchtling lange in Amerika und anderwärts umher-