316 L. Revolutionsbewcgungen der Jahre 1848 bis 1851. konstitutionellen König Karl Albert zu begründen. Die letztere Ansicht erlangte nach einigem Schwanken die Oberhand: in Mailand und Venedig wurde die Ver einigung mit Piemont beschlossen. Die Fürsten von Parma und Modena, die mit Oesterreich Bündnisse eingegangcn, mußten ihre Staaten verlassen; selbst der Großherzog von Toskana, obwohl den nationalen und freiheitlichen Impulsen nachgcbcnd, mußte auf kurze Zeit den Demokraten und Republikanern sein Land überliefern. Auch der Papst bewilligte eine landständischc Verfassung und er nannte ein fortschrittliches Laien-Ministerium; doch sollte die Regierung und die Volksrepräsentation sich nur mit den weltliche!! und politischen Dingen des Kirchenstaats befassen, die geistlichen nnd kirchlichen Angelegenheiten sollten dem Pontificat und den Cardinälen Vorbehalten bleiben nnd nicht öffentlich behandelt werden, eine Trennung des Weltlichen und Geistlichen, welche die herrschende Volksmeinung wenig befriedigte. Und als der heilige Vater nun gar in einer Allocution sich von dem Krieg wider Oesterreich lossagte, schwand seine Popula rität bald dahin. In Neapel trieb König Ferdinand II. ein gewissenloses Spiel mit Constitution und Staatsstreich, während die Insel Sicilien energisch aber vergeblich ein selbständiges autonomes Staatswesen zu erringen sich anstrengte. Lag- und Es ist uns erinnerlich, init welcher Schärfe und Erbitterung die Gegensätze ötstttttichischl zwischen der österreichischen Beamten- und Militärmacht nnd der italienischen °"" Bevölkerung in dem lombardo-venetianischen Königreich seit dem reformatorischen Austreten des Papstes Pius IX. zur Erscheinung kamen: die Indolenz des mailändischen Adels und sein Hang zum müßigen Leben mit gesellschaftlichen und künstlerischen Genüssen, Neigungen, welche früher das Streben Metternichs, die Verwaltung des Landes und der Städte ganz in die Hände der Beamten zu legen, so sehr erleichtert und gefördert hatten, waren unter dem Eindruck der politisch nationalen Aufregung verschwunden. Die Förderung der materiellen Interessen, die sich Metternich so sehr hatte angelegen sein lassen, um die Geister von der Politik abzuziehen und die Bevölkerung mit dem Absolutismus auszusöhnen, auf welche die Anhänger und Apologeten der österreichischen Herrschaft so ruhm redig hinzuweisen pflegten, wenn es galt das kaiserliche Regiment in glänzenden Gegensatz zu stellen zu den übrigen italienischen Staaten; alle diese Vorzüge und Vortheile wurden jetzt gänzlich übersehen über den nachthciligen Wirkungen des Systems, der Fernhaltung jeder Act von Selbstverwaltung, der Mißachtung der öffentlichen Meinung, wie sie sich in zahlreichen Denkschriften und Petitio nen kundgab, den polizeilichen und militärischen Belästigungen, dem drückenden Steuer- und Zollsystem mit Octroi und Accis, mit Vergebung der Verzehrsteuern an Ober- und Unterpächter. Ein Kriegszustand von unerträglicher Erbitterung nnd Gehässigkeit war über das ganze subalpinische Doppelkönigreich gelagert, als die Februarrevolution den Fenerbrand in die entzündliche Materie schleuderte. Schon im Jahr 1847 soll Metternich an den Feldmarschall Radetzky geschrieben haben: „Es ist nicht leicht gegen Larven und Phantasiestücke zu streiten; und