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III. Zug der Revolution durch Europa. 309 und Studenten gebildeter Sichcrheitsausschuß die Ordnung in der Stadt erhalten sollte, worauf die Aula in aller Stille geschlossen ward. Bald nachher wurde die Nationalversammlung von Erzherzog Johann Namen des abwesenden Kaisers eröffnet; da jedoch bei der in der Hauptstadt herrschenden Aufregung eine ruhige Bcrathnng und eine gesetzliche Ordnung nicht r»hr>nPrag. eiiitrctcn konnte, so lange der Hof in Innsbruck weilte, so wurde der Kaiser wiederholt um Rückkehr ersucht. Aber erst der zweiten ansehnlichen Deputation des Reichstags wurde die Bitte gewährt. Am 12. August zog Ferdinand unter dem Jubel des Volks und unter dem feierlichen Geleite der Nationalgardcn wieder in Wien ein. Die Czechcn in Prag, nicht zufrieden mit den großen Zu- gcständnifsen und Reformen, die ihnen die ncugcbildete kaiserliche Regierung in Aussicht stellte, und aufgeregt durch einen allgemeinen Slavencongreß, wolltcnr. Ju»rrs4s. sich den aufgelösten Zustand des Reichs zu Nutze machen, um durch einen Hand streich die Herrschaft an sich zu reißen, erhielten aber durch eine blutige, init der Beschießung der Stadt verbundene Niederlage von dem energischen Fürsten Win disch - Grätz, dessen Gemahlin bei dem Aufstand ihren Tod gefunden, die derbe Lehre, daß Oesterreichs militärische Macht und Größe noch unerschüttert sei, eine Lehre, die später durch Radctzky's Siege in der Lombardei und durch den erfolg reichen Kampf des Ban Jellachich von Kroatien gegen die Magyaren eine neue glänzende Bestätigung erhielt. Lange widerstand die preußische Regierung dem mächtigen Impulse der Da B«lmer neuen Zeit, aber nur um die Erschütterung desto heftiger zu empfinden. Viele'' Patriotische Männer, die ein großes, einiges Deutschland nur im Verein mit Preußen als möglich erkannten und dem König gerne den seiner Macht gebüh renden Vorrang übertragen gesehen hätten, ließen nach der Februarrevolution die ernste Mahnung ergehen, Friedrich Wilhelm IV. möge rasch und entschlossen den neuen Zeitgeist erfassen und durch Zugeständnisse sich die entfremdeten Herzen des Volks wiedergewinnen, ehe das verhängnißvolle: Zu spät! auch ihn ereile. Aber der Gedanke einer gezwungenen Nachgiebigkeit war ihm unerträglich; noch als er die Ausschüsse des vereinigten Landtags in die Heimath entließ, hob er bei Gestattung der anfangs verweigerten Periodizität die freie Entschließung her vor. Dieser Hcrrscherstolz und die Zuversicht auf das Militär hielten den König auch ab, die Petitionen um Preßfreiheit und die andern in den meisten Staaten bereits gewährten Rechte zu genehmigen, selbst als ein Bundestagsbeschluß die Aufhebung der Censur den Einzelregierungen schon gestattet hatte. Erst als die Nachricht von den Wiener Ereignissen die Aufregung steigerte, in den Vereinen, deren sich täglich neue bildeten, eine drohende Sprache sich kundgab und auswär tige Emissäre die unteren Klassen aufrcizten, da erkannte man endlich die Noth wendigkeit zeitgemäßer Reformen. Allein man zögerte mit der Bekanntmachung, weil die Zusammenrottungen, die mehrere Abende hintereinander in Berlin statt fanden und zu deren Zerstreuung militärisches Einschreiten angeordnet werden