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308 u. Rcvolutionsbcwcgungcn der Jahre 1848 bis 18 5,1. 13. Mär; almöthigeii ließ, nicht mehr genügten, seine hohe Stelle nieder und suchte als landesflüchtiger Greis eine Zufluchtsstätte in England, noch bis zum letzten Augenblick die annmthigen Formen des vollkommenen Eavalicrs bewahrend, womit er in den Tagen der Macht die Freunde bezaubert, die Gegner geblen det hatte. Flucht des Staatskanzlcrs führte die Kaiserstadt- an der Donau der Resolution in die Arme. Plünderungen, Zerstörungen nnd rohe Pöbelcrcessc kündigten die Auflösung der alten Ordnung, den Anfang eines gesetzlosen Zu standes an. Die allgemeine Bewaffnung, die nunmehr gestattet wurde, erhöhte die Unsicherheit. Jetzt zeigte sich das Mettcrnich'sche System in seinen traurig sten Folgen. Ein in der größten politischen Unwissenheit gehaltenes, für ein freies Staatsleben ganz unreifes Volk forderte und erlangte Freiheiten und Rechte, die es nicht zu gebrauchen verstand. Die Preßfreiheit erzeugte in Kurzem eine revolutionäre Tageslitcratnr, die, aus aufreizenden Blättern und Maucr- anschlägcn bestehend, alle Verhältnisse erschütterte nnd die Neugestaltung des Staats auf dem Wege der reformirenden Entwickelung störte; das freie Bereins- recht wurde zu lärmenden Volksversammlungen und zur Bildung demokratischer Verbindungen benutzt, welche die Thätigkcit des neuen aus volksthümlichen Män nern zusammengesetzten Ministerraths lähmten. Die Studenten und eine in der Eile gebildete Bürgerwehr führten das Regiment in der Stadt; beredte Demo- kratenführer, aus allen Gegenden in Wien versammelt, übten mit Hülfe der zahlreichen, unbeschäftigten und vermöge ihrer Natur und ihrer Unwissenheit lenksamen Arbeiter eine große Macht und hielten den Zustand der Revolution aufrecht. Unter diesen Umständen fiel es den Demagogen nicht schwer, die Un zufriedenheit des Volks mit dem ininistcriellen Vcrfaffungsentwurf, der einer nach Stünden geordneten Reichsversammlung zur Berathung vorgelegt werden sollte, zu einem neuen Aufstand und Straßcnkampf zu steigern und von der Re gierung die Einberufung eines constituirendcn Reichstages mit einer einzigen Kammer zu erzwingen, zu welchem von allen der österreichischen Gesannntmon- archie angehörigen Staaten und Volksstämmcn die Abgeordneten nach dem all gemeinen Stimmrechte frei gewählt und zur Entwerfung einer neuen Reichsver fassung nach Wien einberufcn werden sollten. Der Kaiser, beunruhigt über diese Vorgänge und durch die aufregenden Auftritte in seiner Gesundheit geschwächt, begab sich auf den Rath einer rcagirenden Partei mit seiner nächsten Umgebung ,8. Mm nach Innsbruck. Dieser unerwartete Schritt erfüllte die Hauptstadt mit Bestür zung und bewirkte einen kurzen Umschlag in der Gesinnung. Als aber die Re gierung die veränderte Stimmung zur Auflösung der Studentenlegion benutzen 2S.Mai. wollte und die Aula mit Militär umstellte, erfolgte die dritte Erhebung, drohen der und gewaltiger als die vorhergehenden. Tag und Nacht war die Stadt durch Barrikaden abgespcrrt und mit Wachfcucrn erleuchtet. Endlich vereinigte man sich dahin, daß das Militär abziehen und ein aus Bürgern, Nationalgarden