III. Zug der Revolution durch Europa. 307 Monats in Frankfurt a. M. abgchalten werden. Die deutschen Regierungen gingen auf die Wünsche des Volks ein. Der Bundestag nahm die Wappen und Farben des alten Reichs an nnd veranlaßte die Einberufung von Männern des allgemeinen Vertrauens, die den Rathen bei der Ausarbeitung einer neuen Bun desverfassung zur Seite stehe» sollten. Diese Schritte führten zum „Vorpar- lamcut" und zur Verstärkung des Bundestages durch die Beiordnung von „Vertrauensmännern". Aber vollständig wurde der Sieg der Liberalen erst durch die Umwälzung in Wien und Berlin. Wie Louis Philipp galt auch der in den diplomatischen Künsten einer verwickelten Staatsweishcit ergraute Fürst Metternich als der größte Staats- mann und Vvlksregierer, sei» Rath und Wort wurde von den deutschen Regie- rmigcn wie ein Orakel angehört und befolgt. Aber auch seine Stunde hatte ge- sta-a. schlagen. Er wollte die Macht des Zeitgeistes nicht anerkennen und hielt die morschen Grundpfeiler des Polizeistaats für stark genug, den stürmenden An drang der junge» Freiheit zu bestehen. Ueber den Genüssen des Lebens hatte er nicht bemerkt, wie die Literatur der Opposition als Verführerin sich in die öster reichischen Lande emgeschlichen und das verfaulte Staatswesen schonungslos auf gedeckt, wie in den Nebenländern ein energischer Nationalitätsgeist sich entwickelt hatte (S. 252.254 ff.). Fürst Metternich hatte, wie sein Freund Gentz, nach dem Grundsatz gelebt: wenn es nur uns noch aushält, »rag auch die Nachwelt die Sündfluth bedecken! Doch es hielt ihn nicht mehr aus! Die Nachrichten aus Paris erzeugte» im ganzen Kaiserstaat eine fieberhafte Aufregung. Die Stände von Ungarn, die eine selbständige Nationalregierung unter dem Erzherzog Pa latin, eine Reform ihrer Verfassung, Minderung der Steuern, Befreiung von den Beiträgen zur österreichischen Staatsschuld verlangten und für das ungarische Militär das Vorrecht beanspruchten, nicht außerhalb ihres Königreichs dienen zu müssen, bestürmten die kaiserliche Hofrcgicrung mit dringenden Petitionen. Dasselbe geschah in Prag, wo im vorhergehenden Jahre die böhmischen Stände in ihre» Rechte» und ihrer Ehre tief gekränkt worden waren, und endlich in Wie» selbst, wo im März die österreichischen Stände zusammentraten. Der ungewisse Zustand des in den Schleier des Geheimnisses gehüllten Finanzwesens hatte ein tiefes Mißtrauen erweckt. Man weigerte hie und da die Annahme des Papiergeldes; Handel und Gewerbthätigkeit geriethen ins Stocken; die Zahl unbeschäftigter und darbender Arbeiter mehrte sich. Unter diesen Umständen hatte das jugendliche, überstürzende Beginnen der Wiener Studenten einen über raschenden Erfolg. Durch Petitionen an die Stände, an die Minister, an den Kaiser, in lärmender Weise verfaßt und überreicht, und durch stürmische Ver sammlungen brachten sie die Wiener Bevölkerung in eine furchtbare Aufregung. Als das mit Schonung und Milde handelnde Militär an einigen Orte» zurück- gedrängt und die Studenten bewaffnet ivurden, legte Fürst Metternich, nachdem die Gewährungen, die er früher bekämpft, nun aber sich Schritt für Schritt 20*