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284 II. RevoIutionsbewcgungcn der Jahre 1848 bis 1851. Einleitung zu einem italienischen Zollverein nnd Staatcnbunde". Ui» die Oppo- sition zu bewältigen, welche Oesterreich und die bedrohten Fürsten der italicni' scheu Halbinsel offen und geheim gegen den „verzehrenden Keim und Chef des jungen Italiens" nährten, schuf er eine neue Bürgcrwchr, und als Oesterreich das ihm auf dem Wiener Congreß zugestandene Besatzungsrcchl in der Citadclle von Ferrara auch auf die Stadt ausdchnte, die Thore und die Hauptwache Aug. ,847. befehle, erhob Pius energischen Protest gegen diesen Eingriff in die nationale Selbständigkeit. So stellte sich Pius IX. au die Spihc der Nationalbcwegung und machte das Papstthum wieder zum „politischen Mittelpunkt Italiens". Römische Demagogen, an ihrer Spitze der stattliche eitle Vetturino Brunetti, Ciceruachio genannt, erhoben den Papst zuin Fahnenträger der nationalen Frei' heit und warfen sich zugleich zu seinem Beschützer auf. Die Tibcrstadt schwelgte in Freudenfesten. Man sah den „Capopopolo" Ciceruachio hinter dem Papst auf dem Staatswagcn cinhcrfahren eine Fahne schwingend mit der Inschrift: „Vertrauen zum Volk!" Eine mächtige Aufregung gab sich alsbald in dein ganzen von der Natur so gesegneten, von Militärdespotismus und Pfaffenthum so gedrückten und mißhandelten Lande kund. Pio nono! war der laute Ruf des Tages, die Losung der Liberalen, die Hoffnung der Patrioten; ein Evviva auf den Papst galt in Neapel, in Modena, in der Lombardei für revolutionär. Daß von der Stätte aus, wo bisher alle liberalen und nationalen Regungen so unbarmherzig bekämpft und unterdrückt worden, nunmehr der Impuls zu frei heitlichen Institutionen gegeben ward, daß der Hohepriester selbst die geprüften Völker ins Land der Freiheit und des politischen Fortschritts zu führen verhieß, war eine so neue Erscheinung, daß begreiflicherweise die erregbare italienische Nation dem Nachfolger Petri aus voller Brust zujauchzte, daß Pio nono als der Messias einer neuen Weltordnung gepriesen ward. Lord Minto, Palmer- ston's Freund und Agent, durchreiste die Halbinsel und förderte die reformatori schen und nationalen Bestrebungen. Der italienische Klerus feierte den Bund der Kirche mit der Freiheit, und selbst von Andersgläubigen wurde dem Nach folger des Apostelfürstcn Lob und Beifall gespendet. Der Pater Ventura ver kündigte an heiliger Stätte: „Der Despotismus ist das heidnische Clement, die Freiheit vor Allem das christliche. Wenn die Souveräne Europas, diese Nach folger alter Barbarenhäuptlinge, in einer widcrreligiöscn Despotie verharren, so wird der Klerus sich der Demokratie zuzuwendcn wissen, er wird diese wild schüchterne Matrone weihen und sprechen: herrsche! und sie wird herrschen". Die Vertreter des Gustav-Adolf-Vereins brachten dem heiligen Vater ein Hoch aus. Ein Gesandter des Sultans erschien in Rom, „wie einst die Königin von Saba zur Begrüßung Salomo's kam" und versprach besonderen Schutz für die Katho liken im türkischen Reich, „da die Wunder und erhabenen Thaten Sr. Heiligkeit die Welt erfüllten".