Volltext Seite (XML)
282 k. Revolutionsbcwegungcn der Jahre 1848 bis 18)51. die Spitze eines italienischen Staatcnbundcs trete, das dritte, die Freiheit, dadurch, daß er kraft eines höchsten Schicdsrichtcramtcs die Fürsten und Völker zu wohlthätigen und friedlichen Reformen im öffentlichen Staatslcben bewege. Der „Priiuato" ist eia Phantasiegcbilde von einem idealen Italien, einem idealen Papstthum und einer sieg- reichen und triumphircnden katholischen Wcltkirchc, eine Traumvision, wie sie vor und zu Dante's Zeit entstehen konnte. „Giobcrti hat mit seinem Primat da- Gute bewirkt", bemerkt Ruth, „daß er eine öffentliche Discussion über die allgemeinen Interessen er weckte, daß er ein System einheitlicher Bestrebungen gegen den Feind und versöhnlicher Politik zwischen Staaten, Fürsten und Völkern aufstcllte und die Umtauschen Träume der Giovine Italia bekämpfte, freilich mit andern Träumen. Er war auch der Erste, der den Italienern im Keim die Idee eines italienischen Staatenbundes mit ihren Fürsten zeigte, als den Anfang eines einigen und unabhängigen Italiens". Gioberti's Buch, das einen nationalen Bundesstaat unter dem Ehrenprotcctoratc des Papstes verkündigte, Piemont als das Schwert Italiens pries und die katholische Kirche als die Mutter aller Livilisation verherrlichte, war ein prophetischer Mahnruf. Die öster reichische Regierung ließ ein Verbot dawider ausgchcn, das aber nur die Verbreitung förderte. Die Jesuiten begingen die Unvorsichtigkeit, Gioberti's Buch anzugrcifcn und luden dadurch den Zorn des in seiner Eitelkeit verletzten Verfassers auf sich. Ehedem aus Reid auf Rosmini mit dem Orden verbunden, verfaßte er jetzt das mehrbändige Werk „Jl Gesuita moderno", ein polemischer Angriff, in welchem die Leidenschaft zur beredten Anklage sich aufschwingt. Es war die Zeit, da in der Schweiz der Son- derbundskrieg sich vorbereitete und Eugen Sue's „Juif crrant" gelesen ward. War es da zu verwundern, daß der „Moderne Jesuite" bald in alle Welt ausging und in alle Sprachen übersetzt ward? Gioberti's neuguelfische Doctrin und katholisch-politische Begeisterung fand einen hochbegabten und reichgebildeten Anhänger und Mitstreiter in dem Grafen Eesare Balbo aus Turin. Ein Mann von gemäßigt liberalen Grundsätzen, hatte auch er in ' der Zeit der Reaction sein piemontesisches Vaterland verlassen müssen. Gereift durch ernste historische Studien, denen er in Paris eifrig oblag, kehrte er zurück und verlebte seine Mannesjahre in der Heimath, anfangs sich ausschließlich geschichtlichen Arbeiten wid mend („Geschichte Italiens von 476—774"; »Nsäitarrons storioks«, eine Art Philosophie der Geschichte; „Leben Dante's"); später als Minister und Staatsmann des ihm befreundeten Königs Carlo Alberto vielfach verwendet. Angcrecgt von dem Werke Gioberti's schrieb er seine „Speranze d'Jtalia", gleichsam als Ergänzung des „Primato" seines Landsmannes und eine „Summarische Geschichte Italiens". Auch er hielt einen italienischen Staatcnbund unter der Aegide der Kirche zur Verwirklichung der katholischen Livilisation für die Grundbasis aller italienischen Politik, erkannte in der österreichischen Fremdherrschaft das stärkste Hindcrniß der nationalen Unabhängig keit und empfahl einträchtiges Zusammengehen der Fürsten und Völker in einem kon stitutionellen Staatslcben. Oesterreich sollte sich für die Verluste in Italien durch Er oberung der unteren Donauländcr entschädigen. Aehnliche Ansichten entwickelte der Piemontese Giacomo Durando, ein Altliberaler, der lange im Exil gelebt hatte, in der politischen Schrift „Von der italienischen Nationalität". Auch der Marchese Massimo d'Azeglio, der Sprößling einer angesehenen picmontesischcn Adelsfamilie, den wir schon früher als Schwiegersohn Manzoni's und Verfasser historisch-politischer Tendenz romane kennen gelernt haben (XIV, 1003) , gleich hervorragend als Künstler und Schriftsteller wie als Staatsmann und Militär, suchte in dem gehaltvollen, von pa triotischer Gesinnung durchwehten Schriftchcn »6U ultäini oasi äi Ii.oins.Ana« das Nationalgcfühl durch den moralischen Muth der öffentlichen Meinung zu stärken. Frei