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260 X. Zwischen zwei Revolutionen. vative Partei, unter deren Führern Gras Aurel Dezsöffy glänzte. Noch auf geregter war die Stimmung in Siebenbürgen, als im Jahr 1834 nach jahr zehntelanger Unterbrechung wieder ein Landtag Unberufen wurde. Die ma gyarischen Szekler, deren Führer Baron Nicolaus Wcssclcnyi war, ei» Agitator von stürmischer Leidenschaft, die dcntschen Sachsen und die Walachen standen hier in bitterem nationalen Gegensatz einander gegenüber. Der Tod des Erz- Jan. 1847. Herzogs Joseph, des Bruders des Kaisers Franz, der ein halbes Jahrhundert lang die Würde eines Neichspalatins bekleidet hatte, eines klugen und gemäßigten, beliebten und mit den Verhältnissen des Landes vertrauten Mannes, erhöhte die Schwierigkeiten, denen sein zum Nachfolger ernannter Sohn Erzherzog Stc- Novbr. 1847. phan nicht gewachsen war. Auf dem Reichstag von 1847 trat die Regierung wieder mit einem Reformprogramm auf, das eine Reihe wichtiger Propositionen enthielt, wie die Ausdehnung des Stimmrechts der königlichen Frcistädtc, poli tische und administrative Reorganisation derselben, gleichmäßigere Vertheilung der Steuern, ein neues Strafgesetzbuch, Ablösung der bäuerlichen Lasten, Auf hebung der Zolllinie zwischen Ungarn und Oesterreich, Verbesserung der Ver kehrsmittel u. dergl. Allein auf dem Reichstag erhob sich zunächst ein mächtiger Sturm gegen die Umgestaltung des Obergespaninstituts in eine abhängige Re gierungsbehörde; die Rcformproposüioncn wurden kaum in Erwägung gezogen; die Regierung sah sich zu dem Verspreche« genöthigt, die Administratoren all mählich zu entfernen. Stürmische Angriffe gegen das ganze Regierungssystcm nahmen die Zeit des Reichstags in Anspruch. Ehe die Ruhe der Gcmüther wiederhergestellt werden konnte, brachen die revolutionären Ereignisse aus, die rasch eine vollständige Umwandlung der ganzen Situation herbeiführten. Das war allmählich Jedem klar geworden, daß die ungarische Verfassung, gegründet auf das erdrückende Uebcrgcwicht des Adels, mit einem Reichstag voll der un billigsten Vertretung und gebunden an die Comitatsversammlungen, ein gänzlich morscher und untcrwühlter Ban war. Der Zug der Revolution, der jetzt durch die Welt ging, fand in Ungarn einen nur zu günstigen Boden und brachte die schon lange sich regenden Bestrebungen nach völliger politischer Trennung von Oesterreich zum offenen Ansbruch. III. Rußland unter Kaiser Nicolaus I. 1. Absolutismus und Kriegspolitik. 24. D-cbr. Nach Bewältigung einer blutigen Militär-Revolution, deren Urheber thcils Rrgi-nmgsi auf dem Schaffst starben, theils in Sibiriens Bergwerken und Eisfeldern schmachten mußten, gelangte Kaiser Nicolaus zum ruhigen Besitz des mäch- Nilö>au^i. tigsten Thrones (XIV, 754). Mit derselben Entschlossenheit, Kraft und Ener- gic, womit er der weitverzweigten Verschwörung Meister geworden, führte er