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226 Zwischen zwei Revolutionen. beantwortet von einem Ostpreußen", von dem Königsberger Arzt Johann Jacoby, ein Werk kühnsten Freimuths und klarster Verstandesschärfe, das aufs überzeugendste das Recht des Volks auf eine Nationalvertrctung bewies. Gegen Jacoby wurde dafür eine Hochverrathsklage angestrengt und der kühne Publicist in erster Instanz zu dritthalbjährigcr Festungshaft verurthcilt, vom Appcllationssenat des Kannnergerichts aber frcigesprochen, was unermeßlichen Jubel in ganz Deutschland erregte. Der würdige Präsident dieses Gerichts, von Grolmann, erhielt dafür seinen Abschied. Als die Regierung merkte, wie mächtig der Flügelschlag einer auch nur halbgclösten Presse die freihcildurstige Zeit aufregte, da wurden die Zügel rasch wieder straffer angezogcn. Gleichzeitig mit den Censurermäßiguugen ergingen gehässige Preßvcrfvlgungen. Der Bres lauer Professor Hoffmann von Fallersleben wurde für seine „Unpolitischen Lieder" seines Amtes entsetzt und der ganze Verlag der Campc'schen Buchhand lung in Hamburg, wo diese Lieder erschienen, in Preußen verboten. Die „Rhei nische Zeitung", das Hauptorgan des Liberalismus, das rastlos auf eine Ver fassung hinarbeitete, wurde wegen „Zügellosigkeit und bösartiger Tendenzen" unterdrückt, der Leipziger „Allgemeinen Zeitung" die Verbreitung in Preußen verboten, der Dichter Herwegh, der einen freimüthigen, aber freilich unklugen und tactlosen Offenen Brief an den König geschrieben, wurde ausgewiesen, ebenso die beiden liberalen badischen Abgeordneten von Jtzstein und Hecker, als sie zu einem harmlosen Besuch nach Berlin kamen. Selbst so loyale Schriften wie die von Bülow-Cummerow über die preußische Verfassung und Verwaltung, wur den wegen ihres Freimuths mißliebig ausgenommen. Graf Arnim-Boitzenburg, der im Juni 1842 an Rochow's Stelle das Ministerium des Innern übernahm, stellte die allerstrengsten Censurvcrordnungen der vergangenen Jahre wieder her, und besser wurde es auch nicht, als er dem allgemeinen Sturm der Entrüstung weichen mußte, den die Ausweisung der beiden badischen Abgeordneten erregte, und sein Amt an Herrn v. Canitz abtrat. ^tusmiM-r' Am herbsten wurden die Hoffnungen der Freisinnigeren enttäuscht durch die DUR^ctih°n Berufung des pietistischen und engherzigen Eich Horn zur Leitung des Cultus- ministeriums an Stelle des verdienten Altenstein. Eichhorn, einst ein begeisterter Patriot der Freiheitskriege und, wie wir wissen, ein um die Gründung des Zollvereins hochverdienter Staatsmann, war jetzt mit Rochow der hauptsächlichste Träger des reaktionären Systems. Eine seiner ersten Maßregeln war die Berufung des jüdischen Convertiten Stahl von Erlangen auf den Lehrstuhl des verstorbe nen freisinnigen Rechtslehrers Eduard Gans. Stahl, ein scharfsinniger und geist voller Mann, war seitdem der erste Apostel des Absolutismus, der Prediger vom wahrhaft christlichen Staat, der Verfechter des „ächten Königthums" gegen Constitutionalismus und Revolution, treu nach den Grundsätzen und Lehren Halier's. Die moralischen Schäden, welche die geächtete Philosophie Hegel's, des jetzt von den Frommen als Erzvater der Lüge Geschmähten, angerichtet,