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II. Geschichtslebcn in den Einzelstaaten (Deutschland). 221 verbundene Staaten seien, in denen der Mannsslann» herrsche. Diese Kund gebung fand kräftigen Widerhall nicht nur in den Herzogthümern, sondern in der ganzen Nation und in fast alle» deutschen Landtagen, namentlich als der .Offene Brief" König Chrislian's VIII. die vielbcstrittcnc Erbfolgefrage in».Junisr«. einer Weise löste, welche die Befürchtungen der Herzogthümer vollständig recht fertigte. Für Schleswig und Laucnburg war darin die Gültigkeit des Königs- gcsetzcs und der weiblichen Erbfolge als gar nicht fraglich hingcstcllt. Für Hol- stein war die Erbfolgcsrage etwas zweifelhafter gelassen; doch war auch diesem Hcrzogthum gegenüber die Unverletzlichkeit des dänischen Gesannntstaats und die llntrcnnbarkcit der unter dem dänischen Sccptcr vereinigten Landcsthcile betont. Damit war die Hoffnung der Herzogthümer, bei dein bevorstehenden Aussterben der herrschenden Königslinie ein selbständiges staatliches Dasein zu erlangen, zerstört. Der Prinz von Noer erbat seine Entlassung als Statthalter; der verhaßte Baron Scheele übernahm die Verwaltung. Der Schmerz über diese Aussicht, bei dem bevorstehenden Erlöschen des dänischen Königsstammes die Herzogthümer ihre Selbständigkeit verlieren zu sehen, und die Begeisterung für die gerechte Sache des schwergeprüften Schleswig-Holstein, äußerten sich im deutschen Volke mit einer Kraft, die trotz viel Uebcrschwänglichkeit und leeren Schaums doch von einem erfreulichen nationalen Geiste zeugte. Allenthalben ertönte jetzt das patriotische Lied: „Schleswig-Holstein, mccrumschlungcn"; in Adressen, Petitionen, Protesten wurde von allen möglichen Körperschaften das gute Recht der Schleswig - Holsteiner verfochten; auch einzelne deutsche Regie rungen erwärmten sich für die nationale Sache und selbst der Bundestag ver mochte sich, als die Provinzialstände von Holstein-Lauenburg vor dieser In stanz ihr Recht verfochten, der Macht der öffentlichen Meinung nicht ganz zu entziehen, wenn er auch über einen ziemlich schwächlichen und nichtssagenden Beschluß nicht hinauskam. Unterdessen wurde die Bewegung in den Herzog- thümcrn immer stärker und gab sich in großartigen Demonstrationen und Volks versammlungen, wie zu Neumünster und Nortorf, kund. Die schleswig'sche Ständcversammlung unter dem Vorsitz des Advocaten Wilh. Bcseler erneuerte ihre Forderung auf Einverleibung des Landes in den deutschen Bund, verlangte gänzliche Trennung der Verwaltung der Herzogthümer von der des König reichs, eine konstitutionelle Verfassung für Schleswig-Holstein mit unbeschränk tem Stcuerbewilligungsrecht u. dgl. Ein gehässiges Verfolgungs- und Unter- drückungssystcm sollte die Bewegung Niederschlagen; Bcseler, Olshausen und andere Führer der deutschen Partei wurden verhaftet und ihrer Aeniter entsetzt. Die Gegensätze waren so auf die Spitze getrieben, daß ein gewaltsamer Zusam menstoß unvermeidlich war. Roch ehe Christian VIII. die beabsichtigte gemeinsame Rcichsversassung Thr-nw-cksa. erlassen konnte, starb er. Sein Sohn und Nachfolger Friedrich VII. machte 20. Jan. alsbald die Grundzüge einer gesanuntdänischen Reichsverfassung bekannt, die 28. Januar.