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u. Geschichtslebcn in den Einzclstaatcn (Großbritannien). 199 zogen, schwere Wunden schlug. In Folge dieses Verbots verlangte de^chinesische iE Gouverneur Lin die Auslieferung alles in Canton vorräthigen Opiums und ließ, als sich die englischen Kaufleute außer Stand sahen, der Forderung zu wider stehen, achtundzwanzigtausend Kisten des Giftes, im Wcrthe von vier Millionen Pfd. St. vernichten. Dies war der Anfang von einer Reihe feindseliger Hand lungen, die endlich einen Krieg zwischen England und China hcrbeiführten. Die britische Flotte befuhr die chinesischen Gewässer, um den Forderungen der Han delsherren auf Entschädigung Nachdruck zu geben. Da aber der Krieg aus Rücksicht für den Thcehandel, der dadurch eine Störung erleiden konnte, von Seiten der Engländer anfangs schwankend und kraftlos geführt ward, so suchte die kaiserliche Regierung von Peking die feindliche Macht durch falsche, treulose Politik hinzuhaltcn und zu schwächen, indem sie stets über Fricdensbedingungen unterhandeln, aber nie abschließen ließ. Endlich erkannte das Londoner Cabinct die fehlerhafte Politik und schritt zu energischen Maßregeln. Es fehlte nicht an Stimmen im Parlament, welche mit Strenge rügten, daß die englische Flagge, „die stets mit der Sache der Gerechtigkeit verbunden gewesen, mit Widerstand gegen Unterdrückung, mit Respcct vor nationalen Rechten, mit ehrlicher com- mercieller Unternehmung", jetzt zu gewinnsüchtigen Zwecken, zur Beschirmung eines „infamen Schmuggels" mißbraucht werden solle; aber die kaufmännische Habgier war mächtiger als das Gefühl der nationalen Ehre. Die Engländer besetzten die Insel Tschusan, eroberten unter der Anführung von Gough und 5. Jun ino Parker eine bedeutende Handelsstadt am Nang-tse-kiang und dem Kaiserkanal und bedrohten endlich die wichtige Stadt Nanking. Dies brach den Widerstand der Chinesen, die während dieses Kriegs, wenn auch nicht Tapferkeit, doch Muth im Dulden und Ertragen, Anhänglichkeit an Vaterland und Nationalität, Treue gegen Kaiser und Reich bewiesen. Es kam ein Friede zu Stande, welcher den Engländern fünf chinesische Häfen eröffnete, einundzwanzig Millionen Dollars zusprach und die Insel Hong-Kong überließ. Der Opiumhandel bestand fort. „Die tiefe Immoralität von Seiten eines christlichen Volks trug den Sieg davon über die Tugend eines Heidenvolks". Aber dem freien Handel war eine neue Laufbahn geöffnet und der hochmüthigsten aller Nationen das menschliche Gebot gleichmäßiger Umgangsformen aufgenöthigt. Mit der Zeit folgten noch weitere kriegerische Verwickelungen zwischen England und China, in welche auch Frank reich verflochten ward. Da diese Vorgänge im fernen Osten von Asien in den Gang der Weltgeschichte nur schwach eingriffcn, so wollen wir sie gleich hier vor greifend und übersichtlich anfügen. Im Anfänge der fünfziger Jahre wurde das „himmlische Reich der Mitte" durch China >n dm eine tiefgehende innere Bewegung in seinen Grundfesten erschüttert. Ein chinesischer Schriftgelehrter, der sich von einem Missionär einige christliche Glaubenslehren ange-Zah-m. eignet und diese mit heidnischen Satzungen und Gebräuchen zu einem wunderlichen Rcligionssystcm verbunden hatte, trat als Prophet aus, nannte Christus seinen „Bruder", legte sich den Namen Tien-te, d. i. himmlische Tugend bei und rief das