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188 Zwischen zwei Revolutionen. genannt, durchzogen das Land, ihren Weg mit Blut und Brand bezeichnend. Mordthaten, Brandstiftungen, Tumulte waren an der Tagesordnung. Durch terroristische Einschüchterung der Richter und Anwälte, der Zeugen und Ge> schworucn wurde die Thätigkeit der Tribunale außer Kraft gesetzt. Die Kosten der Eintreibung überstiegen weit den Ertrag des Zehnten; die anglikanische Geist lichkeit gerieth in die höchste Noth. Alles mahnte dringend, „dem revolutionären, ausgehungerten Irland, dem Lande der Leidenschaften nnd des Elends", die größte Sorgfalt zuzuwenden. ÄanMm Zwei Gesetzesvorschläge, die irische Kirchcnbill nnd die irische Zwangs- bill, schienen dem englischen Ministerium die geeigneten Maßregeln zur Her stellung der Rnhe und Ordnung in dem tiefbewegten Lande. Die erstere ver minderte die Zahl der anglikanischen Bisthümer und Pfründen, schaffte die Abgaben für Kirchenbauten ab, ersetzte die fast ertraglos gewordenen Zehnten durch eine Einkommensteuer, die von 200 bis 1200 Pfnnd Sterling mit auf steigender Zunahme des Procentsatzes von den Grundherren erhoben werden sollte, ordnete an, daß die den Bisthümern gehörenden Ländereien gegen ein mäßiges Ankanfsgeld von sechs Jahren in Erbpacht ausgethan werden sollten, und deckte die rückständigen Zehnten durch Vorschüsse aus der Staatskasse. Durch die sogenannte „Appropriationsclausel" wurde ferner festgestellt, daß alle in Folge dieser neuen Einnahmen gewonnenen Ucberschüsse als Staatsgut zur Unterhaltung der Kirchen, dann aber auch zu andern nichtkirchlichen Zwecken, namentlich zur Hebung des Unterrichts und Errichtung von Schulen für Katho liken wie für Protestanten zu verwenden seien. Die zweite Bill ermächtigte den Lordstatthalter, alle Versammlungen und Vereine, die er der öffentlichen Ruhe für nachtheilig erachte, zu unterdrücken und jeden aufrührerischen District unter das Kriegsgericht zu stellen. Beide Vorschläge fanden heftigen Widerstand; jener an der hochkirchlichen Partei, welche die Verwendung des Kirchcnguts zu nicht kirchlichen Zwecken als einen Raub am Altäre bezeichnete und sich der Appro- priationsclausel mit solcher Macht widersetzte, daß man diesen Zusatz von der Kirchcnbill zu trennen beschloß; der andere an O'Connell und seinem Anhänge, der ihn eine „Saat von Dracheuzühncn nannte", ans welcher bewaffnete Männer hervorgeheu würden. Dennoch wurden beide Gesetzesentwürfe nach vielen par lamentarischen Kümpfen und Transactiouen im Unterhause und im Obcrhanse durchgeführt, nachdem inzwischen Stanley, der unversöhnlichste Gegner O'Con- ncll's, und der zum „Earl" erhobene Lord Durham, Grcy's Schwiegersohn, ein entschiedener Mann des Fortschritts, aus dem Cabincte ausgcschicden waren. Zuerst wurde die „Coercionsbill" zur Wiederherstellung der Staatsgewalt in Irland mit Gesetzeskraft versehen; einige Monate später kam auch die Kirchcn- 28. A»g.^ bill behufs einer Pacification der Insel zur Annahme. Dic^s. Aber die Ausführung stieß auf heftigen Widerstand. Die irische» Abgcord- tittmps» neten, die „Haustruppcn" O'Connells, nntcr ihnen der redcfertigc Sheil nnd der