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II. Geschichtslcbeu in den Cinzelstacnen Großbritannien). 177 ihrer Spitze und fast sämmtliche Bischöfe stimmlcn dagegen. Sie meinten, der Versuch, die Blonarchie mit der Demokratie zu vereinen, führe zur Revolution, zum Umsturz der altcuglischen Staatsverfassung. Man fürchtete den Rücktritt des Ministeriums. Um diesen Schritt zu verhüten, erthcilte das Unterhaus auf den Antrag Macaulay's ein Vertrauensvotum. Bald darauf vertagte der König 20. c-ur. das Parlament mit der Ankündigung, daß die Reformbill der Versammlung nochmals vorgelcgt werden würde, „um dem Volke den vollen Genuß seiner Rechte zu sichern". „Es ist unmöglich", hatte John Russell in der vorhergehenden Sitzung geäußert, „daß das Geflüster einer Facrion etwas gegen die Stimme einer Nation vermöchte". Die allgemeine Auslegung der Gcmülher über die Verwerfung der Bill machte sich wieder in aufrührerischen Sccnen Luft. In Bristol entstand bei der Rückkehr des Abgeordneten Wetherell ein Volkstumult, der mit Brand, Verwüstung und Blutvergießen endigte. In London schlossen die Demokraten politische Unionen, an deren Spitze Sir Francis Burdett, damals das Haupt der Radicalen stand; die Cholera, die auch iu England ihre Opser forderte, vermehrte die Aufregung. Das gegen Ende des Jahres wieder versammelte Parlament beschäftigte sich zum dritten Male mit der wichtigen An gelegenheit, und wie sehr immer Rob. Peel und seine Gesinnungsgenossen mit allen Waffen der Beredsamkeit die in einzelnen unwesentlichen Punkten modifi- cirtc Bill nochmals bekämpften; die Abstimmung zeigte eine beträchtliche Mehr-)^MSrz heit zu Gunsten der Regierung. Wird nun aber auch das Oberhaus seine Zu stimmung geben? Diese Frage schwebte auf allen Lippen. Anfangs hatte cs den Anschein, daß man auch hier den Forderungen der Nation nachgeben würde, da mehrere geistliche und weltliche Herren von der schroffen Opposition zurück traten. Der Ausgang bewies jedoch, daß diese Annahme trügerisch war. Die Majorität verwarf die Bill nochmals. 2- M«. Dies war ein kritischer Moment in der Vcrfassungsgeschichte Englands. DK Reform. Am Hofe wurde die Frage erwogen, ob man durch einen umfassenden Pairs- gn-tz-. schub eine ministerielle Mehrheit erzeugen oder ein Tory - Ministerium berufen und von dem Reformplan abstehen sollte? Der erstere Ausweg widerstrebte dem immer bedenklicher werdenden König; der zweite führte nicht zum Ziel. Wohl versuchte Wilhelm IV., als das Cabinet Grey seine Entlassung begehrte, ein Ministerium Wellington-Lyndhurst-Peel zu bilden, das eine neue Reformvor lage ausarbeiten sollte; allein die drohende Haltung des Volks, die heftige Sprache der dem Reformplan günstigen Presse, das entschiedene Auftreten der sich täglich mehrenden politischen Vereine, Volksversammlungen Meetings) und Adressen, der immer lauter hervortretende Rus nach einer Steuerverwcigerung hatten unter allen Klassen eine so tiefe Bewegung erzeugt, daß die drei Lords eine so schwere Verantwortlichkeit nicht auf ihre Schultern nehmen wollten. So mußten denn die alten Minister wieder eintretcn. Und damit das Werk nicht länger verschoben würde und die bürgerlichen Unruhen nicht noch weiter um sich Weber, Weltgeschichte. XV. 12