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168 Zwischen zwei Revolutionen. von 1812, Olozaga, Ferrer, Gonzalez die wichtigste Slinnnc hatten, so erlitt doch der „vergötterte Codex" von Cadiz so viele Acndernngen und Modificalionen, daß, wie Caballero, das Haupt der Opposition nachzuwciscn suchte, kein Stein auf dein andern blieb. Die Erfahrungen und Kampfe der Vergangenheit hatten den Volksvertretern die Augen geöffnet für die Bedürfnisse der Zeit. Mochten auch die Extremen in der Versammlung, in Vereinen und in der Presse heftig eifern, daß man die königliche Gewalt so maßlos auf Kosten der Volksrcchte er weitere, daß man die Hoheit der Nation, die doch die Quklle aller Grundgesetze sei, in ihrer Machtfülle schwäche durch Bestimmungen, die man der französischen Charte entlehnt habe, durch Beschränkung der Wahlberechtigung, durch Abzwei gung eines Senats oder Oberhauses, dessen Mitglieder von der Krone auf Le benszeit ernannt wurden, durch ein königliches Veto und andere staatsrechtliche Festsetzungen von einschneidender Bedeutung, so erhielt dennoch der rcvidirtc Ver- s. Juni iss?, fassungsentwurf die Zustimmung des Hauses und wurde als neue Constitution sanctionirt. Nur iu der religiösen Frage hielt man an der katholischen Aus schließlichkeit des alten Gesetzes fest gegen den Vorschlag der Regierung, die aus Rücksicht für England eine Abschwächung im Sinne der Toleranz und Gewis sensfreiheit gewünscht hätte. Während die Liberalen gegen Klerus und Kirche vernichtende Schläge führten, wollten sie doch in den Augen des Volks als gute Katholiken gelten. Am 18. Juni leistete die Königin-Regentin, begleitet von ihrer siebenjährigen Tochter Isabella, den feierlichen Schwur auf die neue Ver fassung. Als im folgenden Jahr die nach dem neuen Wahlgesetz gewählten " Cortes in Madrid zusammcntraten, hatten die Moderados in beiden Häusern die Majorität. häufig- Nun traten aber wieder reactionäre Tendenzen zu Tage. Es erwies sich bald, daß die Königin-Regentin trotz aller Zusagen wenig Lust hatte, in echt constitutionellem Sinne zu regieren. Sie ernannte Minister vom alten Schlag, die mit den absolutistischen Höfen des Ostens sich in Verbindung setzten. Es wurden Ansichten über das Steuerbewilligungsrccht der Stände ausgesprochen, „welche jede constitutionclle Controlc in ein leeres Spiel verwandelten und dein Absolutismus nur noch einen durchsichtigen Schleier überwarfen". Durch wie derholte Kammerauflösungcn und Wahlumtriebe brachte die Regentin die Modc- ^'Ä'^os in die Cortes und in die Regierung und kündigte iu der Thronrede eine Reihe wichtiger Gesetze an, welche alle den Zweck verfolgten, „die Progressisten unschädlich zu machen, ihnen die Herrschaft in den Städten zu entreißen, die Excesse der Presse zu brechen, den Klerus als Verbündeten der Moderados bis zu einem gewissen Grade zu restaurircn". Vor Allem suchte die herrschende Partei durch eine neue Gemeindeordnung die auf dem Prinzip der Selbstverwal tung bernheude Macht und Unabhängigkeit der Communen und der Gemeindc- vertrctnng (Ayuntamientoj zu brechen. Da bildeten sich in Madrid und in " E verschiedenen Städten Aufstände und Junten, wodurch sich die Regentin gcnöthigt