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164 Zwischen zwei Revolutionen. gegen dreihundert Priester nach Frankreich flüchteten, worauf er selbst mit seiner Familie den Schliß der französischen Regierung ansprach. Nach einem sechsjäh rigen Aufenthalt in Bourges unter polizeilicher Aufsicht erhielt er, nach Abtre- i84s. tung seiner Ansprüche an seinen ältesten Sohn (Graf von Montcmolin) die Er- laubniß, sich nach Italien zu begeben, wo er den Rest seines Lebens zubrachte. Am 10. März 1855 starb er in Triest. — In Katalonien und Valencia scßtcn die Karlisten den Kampf noch ein Jahr lang fort, aber Berrath und Meuterei lähmten ihren Arm. Der alte General Cspana, der einst gegen Liberale wie gegen Royalisten gewüthet, wurde von den eigenen Banden grausam ermordet und in die Tiefe des Bergstromes Segre gestürzt. Von dem „Siegesherzog" in einein neuen Feldzug überwältigt, mußten auch hier die Icßien Verfechter einer verlornen Sache auf französischem Gebiet Zuflucht suchen. Ucber fünftausend Karlisten überschritten mit ihrem Führer Cabrera die Pyrenäen, und sprachen, an Allem Mangel leidend, die Hülfe des Nachbarvolkes an. Damit war der Beweis geliefert, „daß den Vertretern des katholischen Spanien die Fähigkeit abging, sich unter den Bedingungen des modernen Lebens zu behaupten". ä. Innere Parteikämpfe. darauf wurde Espartero Herzog von Vittoria der Retter der spa nischen Volksrcchte gegen die Ränke des Hofs und die diplomatischen Künste der Rückschrittspartei. Christine nämlich, eine sinnliche, leidenschaftliche und selbst süchtige Frau, war weit entfernt, dem Freiheitsbedürfniß des Volkes durch zeit gemäße Refornien Rechnung zu tragen. Sie bediente sich der Cortes nur, um die Ausschließung des Jnfanten Don Carlos und seiner ganzen Linie von der Erbfolge und die Einziehung seiner Güter verfügen zu lassen; im übrigen regierte sie, getreu den Lehren und dem Beispiele ihres Freundes und Ver wandten Louis Philipp, nach dem alten System und beleidigte das Ehrgefühl des Volkes durch ihre rücksichtslose Hingebung an den schönen Kammerherrn Munoz, mit dem sie sich zuletzt zur linken Hand trauen ließ. Es wurde er wähnt, wie sehr die schlaffe Haltung der Regierung gegenüber den Karlisten und den Jntriguen des Hofes die Sache der Radicalen förderte und die Parteiwuth steigerte. Die geheimen Gesellschaften gossen Oel in die Flamme. In vielen Jun Mb. Städten, insbesondere in Zaragossa, in Reus, in Barcelona kam es zu unruhi gen Auftritten; Klöster wurden zerstört, Mönche verfolgt und ermordet, Gräuel aller Art begangen. Wie eine Epidemie breiteten sich die Klosterbrändc und Mönchsmorde über ganz Catalonien aus und sprangen von da nach Valencia und Murcia über. In Barcelona wurde General Bassa, als er dem anarchi schen Treiben wehren wollte, von der wüthenden Menge erschossen. An vielen Orten machte die Miliz mit den anarchischen Haufen gemeine Sache. Man beschuldigte die Beamten und Heerführer des geheimen Einverständnisses mit