Volltext Seite (XML)
144 .4. Zwischen zwei Revolutionen. wußte, trug den Sieg davon. Die Werbung um die Haud der neapolitanische» Fürstentochter sand günstige Ausnahme. Marie Christine wurde dem König angelraut und bei ihrer Aukuust iu Spanien von dem Volke mit Jubel begrüßt. Dl-b,. isM. Ihre Reise von Barcelona nach Madrid war ein Triumphzug. Die feierliche Vermählung, der eine Reihe glänzender Festlichkeiten folgte, galt den Liberalen als der Anfang einer neuen Aera, als das Morgenroth besserer Tage für Spa nien. Die Anmnth, Liebenswürdigkeit und Munterkeit der drciundzwanzig- jährigcn Fürstin erhöhte die freudigen Erwartungen. Für die royalistischen und katholischen Ultras war dieses Hofcrcigniß eine schwere Niederlage. Denn die Königin und ihre Schwester neigten der Gegenpartei zu, theils aus Uebcrzcu- gimg, theils aus persönlichen Motiven. Die Niederlage wurde noch entschei dender, als die einzige Hoffnung, die Ehe werde kinderlos bleiben, im nächsten 2ahre durch die Geburt der Infantin Isabella vereitelt ward, der dann ein Jahr z«.Jan.iss2. später die Prinzessin Luise folgte. Di-pwgni-m. Zur Freude für die Apostolischen kam kein männlicher Sprößling zur Welt; ' denn da nach der Bourbon'schen Successionsordnung, welche Philipp V. im Jahre 1713 auch in Spanien eingeführl hatte, nur die Erbsolge im Mann- stamme zulässig war, so blieb Don Carlos immer noch der rechtmäßige Thron folger. Es war ihnen unbekannt, daß unter Karl IV. diese Acnderung des altcastilischen Successionsrechts mit Zustimmung der Cortes wieder aufgehoben und durch die „pragmatische Sanction" vom Jahr 1789 die seit unvordenklichen Zeiten nach Gesetz und Herkommen gültige Thronfolge hergestcllt war, wonach „die Frauen der besseren Linie oder des besseren Grades in derselben Linie den Vorzug haben vor den Männern der schlechteren Linie". Denn diese „pragma tische Sanction" war von der damaligen Regierung aus Rücksicht auf die Bour bon'schen Höfe in Neapel und Frankreich geheim gehalten und niemals veröffent licht worden. Selbst Don Carlos, obwohl bereits 1788 geboren, hatte keine Kcnntniß von der Existenz eines solchen Gesetzes gehabt. Cs mußte also das 3. Apru größte Aufsehen erregen, als in der Amtszeitung das wichtige Aktenstück vcr- ' kündet ward unter der Aufschrift: „Pragmatische Sanction, welche auf Bitte» der Cortes des Jahres 1789 durch den König Karl IV. mit gesetzlicher Kraft decretirt und deren Publication durch Seine regierende Majestät zu immerwäh render Beobachtung auf Grund der alten Landesgcsetze befohlen ist". Es unter lag keinem Zweifel, daß der König zu diesem Schritt durch seine Gemahlin und ihre Schwester bewogen worden und daß Calomardc, der seit seiner feindseligen Haltung gegen die catalonischen Insurgenten in den Kreisen der Ultras schlecht «»geschrieben wor, dabei mitgewirkt habe. Obwohl die Entbindung der Kö nigin erst sechs Monate später erfolgte, wollte man doch allen Eventualitäten zuvorkommen. Jun««»»" Die Pariser Julirevolution, die bald nachher losbrach, erzeugte am Ma- spMü-!," Arider Hof einen Miperaturwcchscl. Die freisinnigen Sympathien wurden