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II. Geschichte leben in den Einzeist aalen (Frankreich). 127 möchte im Falle eines Krieges die ihm durch den Vertrag von Hunkiar Jskelessi zugcfallcnc Bcschützerrolle gegenüber der Türkei zur Erweiterung seiner eigenen Machtsphäre im Bosporus und in der Häinushalbinsel ausnutzen, bewog das britische Cabinet für Erhaltung des Friedens zu wirken, zugleich aber für die Integrität und Unabhängigkeit der Türkei cinzutreten. Zu dein Zweck suchte Lord Palmerston das „herzliche Einvernehmen" mit Frankreich zu befestigen und Louis Philipp, dem damals das Jntcrims-Ministcriuin Soult willfährig zur^"" Seite stand, begünstigte diese Friedenspolitik, die ganz nach seinem Sinne war. Die öffentliche Meinung sprach sich mehr für eine kriegerische Action aus. Die Deputirtcnkammcr, wo Lamartine, Graf Al. Laborde, Guizot die orientalische Frage mit Beredsamkeit und Sachkenntniß auseinander setzten, genehmigte die verlangte Crcditsorderung von zehn Mistionen für den Fast einer bewaffneten Einmischung, jedoch unter der Voraussetzung, daß die Regierung eine Frank reichs würdige Politik treibe. Denn man hatte das Gefühl, daß das Ministe rium bei dem frühcrn Auftreten kein festes Ziel im Auge gehabt und daher von keiner Seite Dank oder Lohn geerntet habe. Mittlerweile wurde in Kleinasien die Entscheidung durch das Schwert ge- troffen. Jahrelang waren die türkischen und ägyptischen Truppen in der Nähe des Euphrat einander gegenüber gelagert. Da ging dem heftigen jähzornigen Padischa Mahmud die Geduld aus und er befahl seinem Feldherr» Hast; Pascha, den Grcnzslrom zu überschreiten und Ibrahim aus Syrien zu vertrei ben. Aber das ägyptische Heer war in besserem Stande als das türkische. Bei Nisibis wurde Hafiz Pascha aufs Haupt geschlagen; 12,000 Gefangene, 24.Juni 162 Kanonen und das gesammte Lager fielen in die Hände des Siegers. Noch ehe die Nachricht von diesem Schlag in Konstantinopel eintraf, war Sultan Mahmud, der sich in den letzten Jahren immer mehr der Trunksucht und einem ausschweifenden Leben hingegebcn, ins Grab gesunken und ein Knabe, der i. Jun. sechzehnjährige Abdul-Medschid, hatte den Thron bestiegen. I» dieser rathlosen Lage faßte der Großadmiral Achmed Pascha den Plan, mit der gesammten tür kischen Flotte zu Mchcmet Ali überzugchen, mit dessen Hülfe den im Divan ge- 5. Jun. bietenden Chosrew zu stürzen und den ägyptischen Herrscher zum Regenten wäh rend der Minderjährigkeit des neuen Sultans auszurufen. Auch in Paris glaubte man in einer Uebertragung der Rcgicrungsgewalt an den Vicekönig die beste Lösung der orientalischen Wirren zu finden. Jetzt, wo das Osmanische Reich ohne Heer, ohne Regierung, ohne Flotte war, schien eine solche Lösung, die Mchemet Ali in seinem hcrrschsüchtigen Ehrgeize eifrig anstrebte, sich von selbst darzubieten. In Petersburg überlegte man, ob man die Pforte veranlassen sollte, kraft DEgn-nd- des Schutz - und Trntzbündnisses von Hunkiar Jskelessi die Intervention des Zaren anzurufen. Aber die nothwendige Folge einer solchen aggressiven Politik wäre ein Weltkrieg gewesen; und zu einem solchen Wagniß hielt der russische