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II. Geschichtsleben in den Einzelstaaten (Frankreich). 115 Methan gewesen. Sie hatte vierzig Jahre lang in kinderloser Ehe mit des Königs Adjutanten General Atthalin gelebt. Ihr Vermögen ging nun an die drei jüngeren Söhne Louis Philipp's über. Damals schrieb Prinz Joinville, bei der Nachricht, daß sich Graf Brcsson, derV-m^m- Vermittler der spanischen Hcirathcn in Neapel selbst den Tod gegeben, aus Erbitterung d>-bäg-.i gegen den König einen merkwürdigen Brief an seinen Bruder Nemours, worin cs heißt: „Der König ist unbeugsam; er hört keinen Rath mehr; sein Wille soll überall durchdringen. Es gibt keine Minister mehr, ihre Verantwortlichkeit ist null. Alles geht vom König aus. Er hat ein Alter, in dem man keine Gegenvorstellungen mehr annimmt. Unsere Lage ist keine gute. Im Inneren ist der Zustand unserer Finanzen nach siebcnzehn Friedcnsjahrcn keineswegs glänzend, nach Außen, wo wir der natio nalen Eigenliebe einige jener Befriedigungen hätten verschaffen können, welche für unser Land so werthvoll sind, und mit deren Hülfe man die Aufmerksamkeit desselben von ernstlichen Uebeln ablcnkcn kann, stehen wir ebenso wenig glänzend da. Die Errichtung des Ministeriums Palmerston hat das leidenschaftliche Mißtrauen des Königs erregt, und uns dadurch zu der spanischen Unternehmung veranlaßt, die uns in den bckla- genswerthen Ruf der Unredlichkeit gebracht. Von England getrennt in dem Augen blicke wo die Ereignisse in Italien eintratcn, haben wir an denselben nicht jenen thä- tigm Antheil nehmen können, welcher das Herz Frankreichs erfreut haben, und der im Einklänge mit jenen Prinzipien gewesen sein würde, die wir nun einmal nicht auf- gcbcn können, weil wir vermöge derselben cxistiren. Wir haben cs nicht gcwagt uns gegen Oesterreich zu kehren, aus Furcht England möge eine neue heilige Allianz gegen uns anstiften. Wir treten vor die Kammern mit einer jämmerlichen innern Lage, und mit einer äußern, die nicht bester ist. Das Alles ist lediglich das Werk des Königs, die Folge des hohen Alters .eines Königs welcher regieren will, dem aber die Kraft fehlt männliche Entschlüsse zu fassen". — „Ich will Alles kurz zusammenfassen: In Frankreich zerrüttete Finanzen, auswärts die Wahl zwischen Abbitte und Ehrenerklä rung an Lord Palmerston wegen der spanischen Hcirathcn, und dem Entschlusse ge meinschaftliche Sache mit Oesterreich zu machen, um in der Schweiz den Gendarmen zu spielen, und in Italien gegen unsre Prinzipien und gegen unsre natürlichen Bundes genossen zu kämpfen. Das Alles ist die Schuld des Königs, und allein des Kö nigs, der unsre verfassungsmäßigen Einrichtungen verfälscht hat. Ich finde das Alles sehr ernst". > b. Frankreichs Stellung nach Außen. 1. Italien und ier Orient. Die Julirevolution war für die meisten Staaten des europäischen 8'kst-^^^ landes ein elektrischer Schlag, der, verbunden mit der gleichzeitig in entgegen-^ge. gesetzter Richtung Europa durchziehenden Cholera, Schrecken und Bekümmerniß über die Lenker der Staaten brachte und die höhern Klassen aus dem behaglichen Genuß des Lebens aufscheuchte. Ausgedehnte Kriegsrüstungen in allen Ländern gaben Zeugniß von der Besorgnih der Regierungen. In den Niederlanden, in Polen, in Deutschland, in Italien regte sich die mit den bestehenden Zuständen unzufriedene Partei der Liberalen und suchte im Vertrauen auf Frankreichs Un terstützung ein freieres Staatswesen und zeitgemäße Reformen zu erringen. Die 8"