II. Die Jahre 1875 bis 1880 in geschichtlichen Umrissen. 1279 voraus, den nur die Gesaunntheil des Volkes zu leisten im Stande war. Darum kann sich kein Staat mehr auf die Dauer einer Mitwirkung und Conlrole der Volksvertretung bei der Ordnung der Einnahmen und Ausgaben entziehen. Auch über die Vollziehung der Gesetze in der Rechtsprechung verlangte das Volk Bürgschaft durch beeidigte Beisitzer aus seiner Mitte. — Die kriegerischen Ver wickelungen der letzte» Jahre in Amerika und Europa, welche durch das Schwert gelöst werden mußten, haben dem Grundsatz Anerkennung verschafft, daß dem friedlichen Verkehr neutraler Mächte zur See und zu Lande daraus kein Hin- dcrniß erwachsen solle, daß auch in Feindesland das Privateigcnlhnm geachtet, Gut und Leben der Unbethciligten und Wehrlosen geschont werde, daß das humane Werk der Genfer Convention vom Jahre 1864 zum Schutze der Ver wundeten auf dem Schlachtfcldc und in den Lazarethcn, zur allgemeinen völker rechtlichen Geltung kommen, daß durch Neutralerklärung des gcsammtcn mili- tärürztlichen Personals die Krankenpflege und Heilung gefördert und erleichtert werden möchte. Selbst das gewaltige Ringen der zwei großen abendländischen Kulturvölker, von denen das eine die lange besessene Suprematie in der euro päischen Völkcrfamilie behaupten, das andere die seiner Macht, Bildung und Weltlage entsprechende Gleichstellung und damit das Recht der freien Bestim mung über sein Staats- und Bcrfassungslcbcn sich erkämpfen wollte, hat diesen humanen Bestrebungen im Ganzen Anerkennung gezollt, wenn auch aus Leiden schaft oder Unkenntniß einzelne Ucbcrtrctungen vorgekommen sein mögen. In noch weiterem Umfange suchte der von dein Kaiser von Rußland angeregte Con- greß europäischer Staatsmänner und Militär-bevollmächtigter zu Brüssel im Sommer 1874 die Grundzüge eines allgemeingültigen Kriegsvölkerrcchts zu finden und festzusetzcn. So scheu mir in allen Lebensäußerungen eine gesteigerte Thätigkeit; und wenn auch die Wirklichkeit mit ihren gebieterischen Ansprüchen die Geister mehr auf die praktische Seite hinzog, wenn die Naturwissenschaften, wenn die Volkswirthschaftslchre, wenn die Staats- und Rechtskunde mit Vor liebe gepflegt und ausgebildet wurden, so entbehren doch auch die Geisteswis senschaften und die Künste nicht des Interesses und eines eifrigen Studiums. Noch immer gießt die Poesie ihre goldenen Früchte in die empfänglichen Ge- müther; noch immer labt die Kunst durch edle Gestaltungen den Schönheitssinn; noch immer führt die Historie die Thaten und Schicksale vergangener Völker den lebenden Geschlechtern vor die Seele; noch immer sucht die Speculation in das Ewige und Ueberweltliche einzudringen; noch immer ist der Forschungs- tricb auf das Wesen der Religion und die Grundlagen der Kirche gerichtet; noch immer lehrt das Christenthum Tugend, Sittlichkeit und Nächstenliebe, veredelt das Wirken und Schaffen des Tages durch ideale Ziele und reine Pflichtenlehre, versöhnet und tröstet den Leidenden durch den Glauben an die göttliche Gerech tigkeit lind durch die Hoffnung auf ein besseres Leben über dem Grabe.