II Die Jahre 1875 bis 1 880 in geschichtlichen Umrissen. 1275 ausgcbrochcncn asiatischen Pest eine umfassende den Verkehr erschwerende Grenz sperre und Schutzmaßrcgeln aufrichlcicn. Es griff eine sichtbare Mißstim mung Platz, daß die Berliner Rcgierungskrcisc sich dem Einfluß entzogen hatten, der von Petersburg aus Jahrzehnte hindurch aus den Nachbarstaat gc- übt worden; daß das neue deutsche Reich unter der Leitung Preußens sich der bcstimmcndcu Einwirkung von Seiten des Machthcrrschcrs in Peters- bürg entledigt hatte. Die panslavistischc Nationalpartci goß Ocl in die Flamme; die einflußreichsten russischen Blätter gaben der feindseligen Gesin nung gegen Deutschland unverhohlen scharfen Ausdruck. Es war nicht mehr zu verkennen, daß das „thurmhohe" srcuudschaftlichc Verhältnis! zwischen Deutsch land und Rußland eine schwere Bedrohung erfahren habe. Den beiden kaiser lichen Majestäten war dieser Gang der öffentlichen Meinung nicht nach dem Sinne; besonders suchte Kaiser Wilhelm das alte gute Einversländuiß mit dem verwandten Monarchen aufrecht zu halten. Als er zu den großen Manövcrn nach Königsberg abging, ließ er durch den Feldmarschall v. Manteuffel dem in Warschau weilenden Neffen eine persönliche Zusammenkunft Vorschlägen, die dann auch in Alexandrowa, der letzten Station auf russischem Gebiete stattfand. Wie wenig jedoch diese persönliche Begegnung der beiden Monarchen die ver bitterte Stimmung auszuglcichcn, das alte Vertrauen und gute Einvernehmen herzustcllen vermochte, ging sowohl aus der fortdauernden gehässigen Haltung der russischen Zeitungen als aus einer Unterredung hervor, welche fast um dieselbe E-nbr. Zeit der russische Reichskanzler Gortschakow mit einem französischen Journalisten in Baden-Baden hielt. Der in den Blättern veröffentlichte Wortlaut der letzteren war der Art, daß man darin deiUGedankcn eines Bündnisses zwischen Frank reich und Rußland gegen Deutschland hcrauszuhörcn glauben konnte. Fürst Bismarck faßte die Eventualität eines Kriegs ins Auge und suchte sich durch ein Schutzbündniß mit Oesterreich-Ungarn sicher zu stellen, ein Plan, den er zehn?o. o-itr. Jahre lang in seinem Geiste hcrumgetragen. Denn nur ein deutsch-österreichisches Bündniß war im Standej, den kriegerischen Eroberungsentwürfen des Mosko- witcnreichs einen Damm cntgegcnzuwcrfcn. Hieß cs doch in einer später in die Oeffentlichkcit gedrungenen russischen.geheimen Denkschrift vom Jahre 1864: Deutschland ist zu schwach, für oder gegen Rußland etwas zu bedeuten. Am besten thun wir, wenn wir die Wagschalcn Oesterreichs und Preußens balanciren, um sie je nach den Umständen sinken zu lassen, die unseren augenblicklichen In teressen entsprechen, wie das System der Kaiserin Katharina war. Dabei ver hehlt sich die Denkschrift nicht, daß ein geeinigtes Deutschland ein erhebliches Gewicht gegen Rußland in die Wagschale legen würde, wenn einmal die slavischc Frage auf die Tagesordnung käme. Die Verständigung zwischen Deutschland und Oesterreich hatte zur Folge, daßRubianvM man in Rußland einzulcnkcn begann. Sollte man in einem Augenblick, da die Mubnäums. Wunden des letzten Krieges noch bluteten, da mit China bedrohliche Verwickelungen