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1272 k. Ncucstc Zeitgeschichte in ihrem äußere» Verlaufe. geschickt umzugchen versteht, wie mit Dolch und Pistole". Endlich wogte sich der Meuchelmord auch an das überhaupt deS Staats. Ein von dem Revolutions- Comite an „Herrn Alexander Nikolajewitsch" gerichtetes Schreiben bereitete ans noch entschlichcrc Frcvclthaten vor. Als der Kaiser eines Morgens auf einem Spaziergang begriffen war, wurde er von einem jungen Mann in dem Anzug " Ul" eines Finanzbcamtcn mit drei Schüssen angcfallcn, die den Mantel des Zaren durchlöcherten. Der Thätcr wurde ergriffen und stellte sich als ein gewisser Solowjcff, ein unsteter und in den verschiedensten Lebensstellungen umhcrge' worfcner Mann heraus ; nach einem merkwürdigen Prozesse, bei dem er sich mit kalter Resignation als das freiwillige Werkzeug der revolutionären Idee bekannte, ohne über den Zusammenhang oder die Organisation der conspiratorischeii Com- plottc oder ihre Leiter irgend eine Auskunft zu geben, büßte er seine Frcvclthat mit dem Tod am Galgen. Gegen diese entschlichen Ereignisse wurden jcht außer ordentliche Maßregeln ergriffen: in Petersburg und andern großen Städten wurden provisorische Gcneralgouvcrncurc mit den weitesten Ausnahmsvollmachtcn zur Herstellung der Ruhe und Sicherheit eingcscht, aber troh zahlloser Verhaf tungen und Vcrurtheilungcn, troh der strengsten Vorsichtsmaßregeln gelang cs doch nicht, dcm nihilistischen Unwesen ein Ende zu machen. Weder die Ein- sehung von Militärgouvcrncurcn in dcm größten Theil des europäischen Rußland noch die Aufrichtung eines unerhörten Polizcitcrrorismus mit Kriegsgerichten und Belagerungszustand vermochte die nihilistischen Attentate zu verhindern, denen die Passivität der Bevölkerung und die tiefgreifende Abneigung gegen das herr schende System wesentlich Vorschub leistete. Nur durch einen Zufall entging der Kaiser einen neuen verbrecherischen Anschlag auf sein Leben. Bei der Einfahrt des Eisenbahnznges in Moskau sollte er nebst seiner ganzen Begleitung mittelst eines von einem benachbarten Hause aus unter die Schienen geführten Ganges 1. D-cbr. in die Luft gesprengt werden. Auch diesmal blieben die Thätcr unentdeckt. Ja die Häupter der Verschwörung waren frech genug, dem Kaiser nach seiner Rück kehr in die Hauptstadt durch eine gedruckte Proclamation zu drohen, daß er doch sterben müsse, wenn er nicht alle seine Rechte in die Hände einer Nationalver sammlung übergebe, und zwar werde er in die Luft gesprengt werden. Eine ^Dynamit-Explosion, wodurch im kaiserlichen Wintcrpalais die Zimmerdecken zweier Stockwerke zertrümmert oder erschüttert wurden und mehrere Wache haltende Gardisten ihr Leben verloren, andere V erwundungcn davon trugen, gab bald danach den Beweis, daß die Drohung ernst gemeint war. Doch wurde der Kaiser auch diesmal durch eine Fügung des Schicksals vor Schaden bewahrt. M^I-ENU Auch in der Balkanhalbinscl dauerten die Wirren fort; man las von Attf- ständen i^ Rhodvpegcbirge, von Gährungcn in Macedonien, von unbefriedigten Orim,. Ansprüchen der Griechen, von feindseligen Austritte» bei Feststellung der neuen Grenzen, bei Räumung der occupirten Gebiete. Der britische Consul in Sofia mel dete dem Auswärtige» Amte i» London, daß in der bulgarischen Armee russische