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1264 Neueste Zeitgeschichte in ihrem äußeren Verlaufe. bewillige» und gab dem Admiral Hornby die Weisung, mit einer Flotte in die Dardanellen cinzufahrcn. Doch kam cs zu keiner kriegerischen Action, da Schuwalow beruhigende Zusagen gab und am lcßtcn Januar zwischen Jgnalicw und den türkischen Abgeordneten der Waffcnstillstand von Adrianopcl geschlossen ward, um Zeit für Friedciisvcrhandlungcn zu gewinnen. Auf Grund der in Adrianopcl vereinbarten „Fricdcnsbascn" wurde dann einige Wochen Mä„ nachher der Präliminarfrieden von San Stefano zwischen Rußland und der Türkei abgeschlossen, in welchem die Fürstcnthümer Serbien, Rumänicn und Montenegro für unabhängig erklärt wurden und Gebietserweiterungen er hielten, Bulgarien in denjenigen Grenzen, die sich aus der Majorität der bul garischen Bevölkerung ergaben, zu einem autonomen Tributär - Fürstenthum erhoben ward mit einer nationalen christlichen Regierung und einer aus Cinge- bornen bestehenden Miliz, die Türkei eine Kriegsentschädigung von 1410 Milli onen Rubel bezahlen sollte, wovon 1000 Millionen durch Gebietsabtretungen in Asien entrichtet werden könnten. Bosnien und die Herzegowina sollten eine autonome Administration erhalten mit Reformen unter Garantie der Mächte. Wie der Zar einst in Livadia versichert, verlangte somit Rußland keinen, oder doch nur geringen, Gebietszuwachs für sich selbst. Aber der russische Stolz ertrug cs nicht, daß der Landstrich Beßarabien im Norden der Donau, der einst im Pariser Frieden an Rumänien abgetreten worden, noch länger in fremden Händen bliebe. So wurde denn verlangt, daß Fürst Karl jenen Landstrich herausgeben und dafür im Süden des Stromes mit der Dobrudscha entschädigt werden sollte, ein ungroßmüthiger Ausgleich für den treuen Waffengcnossen, gegen den Fürst und Volk vergebens Einspruch erhoben. Nach dem Abschluß dieses Präliminarfriedens verlegte der Großfürst sein Hauptquartier nach San Stefano, einem kleinen Orte am Marmarn-Meer, südwestlich von Constantinopel 17. März. und sandte seine Glückwünsche an den Kaiser, der den Vertrag am 17. März bestätigte. Dnva^»°-i> Mit Begeisterung wurde die Nachricht von dem russischen Volke begrüßt, schlug In England aber war man höchst unzufrieden mit dem eigenmächtige» Vorgehen Rußlands. Das Toryministerium, wo an Dcrby's Stelle der entschlossene Lord Salisbury das auswärtige Amt überiwmmen, verlangte, daß der Gesammt- vertrag einem europäischen Congreß zur Beschlußfassung vorgelegt werde. Als Rußland nur „die Fragen, welche das europäische Interesse berührten", cinem solchen Areopag unterbreiten wollte, gcriethen die diplomatischen Verhandlungen von Neuen, in lebhaften Gang und scharfen Ton. Zugleich machte England N>r. ,H78. neue Rüstungen. Das Parlament bewilligte den von dem Ministerium ver langten Credit von sechs Millionen Pfund Sterling. Mehr als je gewann es den Anschein, daß der „localisirte" Krieg sich schließlich doch noch zu einem Welt krieg gestalten werde. Die Türkei schöpfte neue Hoffnungen; es war jedoch nur eine Verlängerung des Todeskampfes. Wie sollte dieser Staat sich ermannen,