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1262 L. Neueste Zeitgeschichte in ihrem äußeren Bcrlaufc. halten,'war er jetzt, da man tüchtige Männer brauchte, als Rüstzeug auscrsehcn worden. Er setzte cs im Gcncralstabc durch, daß mau vou dem bisherige« A»> griffskricg zum Belagcruugskricg überging , daß man, wie einst die Preußen den Marschall Bazaine in Metz, den Obcrfcldherru OSma» Pascha und seine Armec ^,^^7'mit cincm ehernen Gürtel umschloß und iu PIcwua scsihielt. Dieser Plan kam in den letzten Oklobertageu zur Ausführung, indem der energische General Gurko die türkische BerbiudungSarmec bei Gvrnji-Dubnik niil großer Tapferkeit aus ihren Berschanzungen jagte, ohne daß Osman Pascha, durch gleichzeitige Sturm angrifsc iu PIcwua festgchaltcu, dcm Mitfcldhcrru zu Hülfe kommcn kouutc. Der geschlagene Suleiman Pascha zog sich nun von Orkhanjc eilig nach Sofia zurück, de« „Etropol-Paß" des Balkan einer schwachen BcsatzuugSmaunschaft zur Verthcidignug überlassend. Nun kam die in Plcwua ciugeschlosseuc türkische Armee in eine entsetzliche Lage, namentlich seitdem General Skobelew im Süden s. N->»br. der Stadt den „Grünen Hügel" besetzt und den Bclagcruugsriug noch fester ge zogen hatte. Es schien, als ob sich die Katastrophe von Metz wiederholen würde. Aber Osman Pascha besaß mehr militärisches Ehrgefühl als Bazaine: als die Lebensmittel und die Munition gänzlich erschöpft waren, Hunger und Krankheit die Reihen der Soldaten alltäglich furchtbar lichtete, da beschloß der kühne Ge neral durch einen verzweifelten Ausfall daS Schicksal herauszufordern. War eine Capitulatiou unvermeidlich, so sollte sic wenigstens auf dem Schlachtfeldc io. N°vbr. geschlossen werden. Und so geschah es. Nach einem furchtbaren Kampfe amWid- fluß mit den Russen und Rumänen nach PIcwna zurückgcworfen, blieb dcm wackcrn Musclman, nachdem cr durch eine Kugcl am linken Oberschenkel verwundet worden, nichts übrig, als sich und seine tapfere Armee auf Gnade und Ungnade zu ergeben. Fast sechs Monate hatte er die offene von ihm in eine Festung um- gcwandeltc Stadt gegen die feindliche Ucbermacht hcldcnmüthig vcrtheidigt und den Belagcruugskricg von Plcwua zu einer dcr glänzendste» Kricgsthaten erhoben. Dies erkannte auch Kaiser Alexander an, der am folgenden Tage an der Seite seines Bruders in die Stadt einritt, dem verwundeten Feldherrn den Degen zu- rückgab und ihm Charkow zum Aufenthaltsort anwies. Die Zahl der Gefangenen betrug 36,600 Gemeine, 10 Paschas, 2000 Offiziere niederer Krade und 128 Stabsoffiziere. Mit der Katastrophe von Plcwua war das Schicksal dcs russisch türkischen Krieges entschieden, wenn auch die Waffen noch nicht zur Ruhe kamen. In den Wcihnachtstagcn stiegen die russischen Soldaten Gurko's über den von Eis und Schnee starrenden Etropol- Paß des Balkan in die Ebene von Sofia >4 Dtcbr. hinab. Auch die Serben traten wieder in die Kricgsaction ein und wendeten sich im Süden gegen Nisch (Niffa) und Pirot, im Osten gegen Adlic und Widdin; und in Griechenland traf man militärische Anstalten, um die Grenzlande gegen die Barbareien und Unthaten der türkischen Soldatenbandcn, insbesondere der Tschcrkeffen, zu schützen, welche die Osmanische Regierung nicht mehr in Zucht und Gehorsam zu halten vermochte. Die Türkei lag in den letzten Zügen. Die um die-