1260 L. Neueste Zeitgeschichte in ihrem äußeren Verlaufe. mal als die Nachrichten vom Kriegsschauplatz durch inangelhafte Telegraphcnvcr dindungen nur dürftig einliefcn und ausländische Zeitungen die Lage als möglichst bedenklich darstellten. Daß der Kaiser selbst bei der Armee war ahne das Ober kommando zu führen, mußte als eine schiefe und unwürdige Stellung angesehen werden; daß der Großfürst nicht den Ruf rechtfertigte, den man in den Hof- kreisen von seiner militärischen Befähigung so ruhmredig verkündigt hatte, daß sich in der Leitung des Heeres und in den strategischen Anordnungen bedenkliche Mängel zeigten, konnte Niemand leugnen. Diese und andere Wahrzeichen schlugen das Anfangs zur Schau getragene Selbstvertrauen und die Siegeszuver sicht bedeutend nieder. Das Papiergeld sank immer tiefer im Werth. Die Garde ivurdc nach der Donau zurückgezogen und die Landwehr trotz der Ernte unter die Waffen gerufen, mit Rumänien und Serbien über Allianzen unterhandelt. Zum Glück für die Russen machte Osman Pascha keinen Versuch nach der Donau vorzurückcn. Er zog cs vor, um Plcwna einen Ring von Verschanzungen anzu legen, der eilten Flächcnraum von zwei Quadratmcilen umschloß, und mittelst zahlreicher Batterien eine uneinnehmbare Vcrthcidigungsstellung zu schaffe». Dadurch gcwauncn die Russen Zeit, neue Armeekorps hcrbcizuzichcn und die Ru mänen durch einen Kriegsbund zur thätigen Thcilnahmc an den ferneren Ope rationen zu gewinnen. Fürst Karl führte als selbständiger Befehlshaber seine Truppen zu dem russischen Haupthecr und nahm einen hervorragenden Antheil an den blutigen Kämpfen, durch welche die russischen Divisionen die Türken aus Plcwna hinauszuschlagcn suchten. In den herrschenden Kreisen Petersburgs sah man ein, daß der Krieg mit aller Energie fortgesetzt werden müsse und der Zar nur als Sieger in seine Hauptstadt zurückkehrcn könne, sollte nicht die Autorität des Selbstherrschers empfindlichen Schaden nehmen. Aber trotz der tapfern Ge- S-p,b-"'877 ffchte bei der Grivitza-Rcdoute und der von General Skobelew bewiesenen kriegerischen Tüchtigkeit konnte Plcwna lange nicht erobert werden. Auch an an dern Orten machten die Türken energische Anstrengungen, ihrer Feinde Meister zu werden oder sic wenigstens von weiterem Vordringen abzuhalteu. Am erfolgreichsten waren die Kämpfe in Armenien, wo die Osmanen nicht bloß die von den Ruffen bedrängten Städte Kars und Batum erfolgreich vertheidigten, sondern auch den Ge neral Tergukassow nöthigtcn, Bajasid wieder zu räumen. Im Rücken von einem Aufstand der mohammedanischen Stämme in Abchasien und Daghcstau bedroht, führte der russische Feldherr nach einem beschwerlichen aber mit Geschick und Tapfer keit vollzogenen Rückzug seine Truppen wieder nach den Grcnzlanden. Erst im Spätherbst, nachdem neue Verstärkungen angclangt waren, drang die kaukasische Armee wieder vor, vernichtete in einer Reihe blutiger Gefechte bei Aladjadagh nahezu O-wd« Mukthar's ganze Feldarmee vor den Thoren von Erzerum, erstürmte die Festung ^^ Kars, wobei 17,000 Mann, darunter zwei Paschas und 800 Offiziere nebst in?. 300 Kanonen und 20 Fahnen in die Hände der Sieger fielen, und bereitete dem Großfürsten Michael, Statthalter von Tiflis, einen feierlichen Einzug in die