1258 L. Neucslc Zeitgeschichte in ihrem äußeren Verlaufe. und nöthigte die Türke», sich thcils nachNicopoli, thcils nach Tirnowa, der allen Hauptstadt Bulgariens, znrückzuzichcn. Ter Kaiser seihst begab sich nach K^Sistvwa und verkündete in einem Manifeste an die bulgarischen Christen, daß für sie die Stunde der Befreiung von der muselmanischen Willkürherrschaft ge kommen sei. In den erste» Tage» des Juli waren die Russen im Besitze alles Landes von Sistoiva bis Gabrowa am Fuße dcS Schipka-PasscS über den Balkan, n. Juii. so daß Großfürst Nicolaus sein Hauptguarticr «ach Tirnowa verlege» und der hochfahrende kalt-realistische Fürst Tschcrkaßky, das Haupt der russischen Nativnalpartci in Moskau, der einst die Seele der Slavophilcn gewesen, dann als liberaler Aristokrat bei der Banernemancipatioii und als eifriger Verfechter des Rnssenthums bei der neuen Ordnung in Polen mitgewirkt hatte, die Reor ganisation der Verwaltung Bulgariens vornehmen konnte. Man gefiel sich in Moskau in dem Gedanken, der russisch-türkische Krieg werde eine Parallele bilden zu dem deutsch-französischen Krieg. Und wer war dann geeigneter zu einer solchen organisatorische» Mission nach dem Vorbildc der Deutschen in Elsaß-Lothringcn als der Freund und Genosse eines Aksakow, Katkow, Sa- marin? Selbst der Kriegsminister Miljutin, dessen Bruder einst mit Tschcr kaßky in dein polnischen Reorgamsations-Comite gesessen, redete dem pansla- vistischen Edelmann das Wort, der in der „Slavenwache" zu Moskau sich die Ausgabe gestellt hatte, „die fremden Gäste von der Nothwendigkcit einer voll ständigen Unterordnung des außerrussischen Slavcuthums unter de» russischen Staatsgedankcn zu überzeugen und das griechisch-orthodoxe Bekenntniß als un entbehrliches Erforderniß wahrhaft slavischcr Entwickelung zu bezeichnen". Vier cK.Jun.Tage nach Einzug des Haupthecres in Tirnowa wurde auch die wichtige Do- naufcstung Nicvpoli zur Capitulation gezwungen, wodurch 6000 Mann, zwei Pascha's und vierzig Geschütze in die Gewalt des Siegers fielen. Auch die Städte Selwi und Lowaß wurden besetzt nnd als die Generale Gurko und Mirski nach scharfen Kämpfe» mit den Truppe» Rcouf Pascha's den Schipka- Paß und chen Hankiöi-Paß in Besitz nahmen, als im Süden des Balkan ihre raschen Reiterschaarcn über Eskri-Sagra, Karabunar, Jamboli bis nach üs.Jun. Harmauly zwischen Adrimwpcl und Philippopel vordrangcn, nnd im Thnle der Maritza sich lagerten, da hatte cs den Anschein, als ob der Feldzug in wenigen Wochen zu Ende sein und die Nüsse» in Cvustantinopcl cinziehcn würden. Die bulgarischen Christen benutzten den Siegeszug ihrer russischen Glaubensgenossen zu Gewaltthätigkeitcn gegen ihre langjährigen mohammedanischen Peiniger; dieOs- manli drohten mit Repressalien: zu dem Racenhaß und den politischen Anti pathien gesellte sich der religiöse Fanatismus. Alle Straßen waren mit Flücht lingen gefüllt. Uni neue revolutionäre Softaauftritte zu verhüten, hatte man schon vorher die Hauptstadt in Belagerungszustand erklärt. In England ge- riethen die Tories in Bestürzung. Die Regierung verstärkte ihr Geschwader in der Besika-Bay und bot der Pforte an, englische Kriegsschiffe in den Bosporus zu