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ll. Die Jahre 1875 bis 1880 in geschichtlichen Umrissen. 1257 Heeresmasscn über den Pruth an drei verschiedenen Stellen, um kraft einer mit dem türkischen Tribulämaal Rumänien abgeschlossenen Durchgangs-Convention auf die Donau loszurückcn. Der Kaiser selbst stellte sich bei der Armee ein, nicht um den Oberbefehl zu übernehmen, der vielmehr in der Hand des Groß fürsten Nicolaus verbleiben sollte, als um durch seine Anwesenheit den Muth und > die Kricgslust der Truppen zu entflammen. Er nahm seinen Aufenthalt in Plocschti, wo sich daS Hauptquartier befand. „Schon weht jcnscit der russischen Grenze die russische Fahne", verkündete Aksakow in der Moskauschcn Zeitung, „die erhoben worden ist, um den geknechteten, erniedrigten, von dem mit seiner Aufklä rung hochmüthig prunkenden Europa nefverachtetcu rechtgläubigen Völkerschaf ten der Balkanhalbinsel Freiheit und Menschenrechte wieder zu geben. Der schlum mernde Orient ist erwacht, und nicht allein die Slaven der Balkanhalbinsel, die ganze slavische Welt erwartet ihre Wiedergeburt. Eine neue, ganz neue Zeit bricht an,die Morgenröthc des großen slavischcn Tages ist erschienen". Auch in der Reihe der Radikalen und Nihilisten sah man erwartungsvoll in die Zukunft; man hoffte der auswärtige Krieg werde zu einem Systcmwechscl und zur Abstreifung morscher Lebensformen führen. Mit Zustimmung der Kammern erklärte sich Fürst Karl von Rumänien für unabhängig und zog bald darauf an der Spitze 22 M-n seines Heeres ins Feld, um vereinigt mit den Russen den Groß-Sultan, seinen bisherigen Suzerän, zu bckämpsen. Um dieselbe Zeit rückten andere russische Heeresabtheilungeu in Asien über die türkische Grenze, nahmen Bajasid ohne Schwertstreich und erstürmten Ardachan. Die türkische Donauflotille wurde 14. Mm. durch Strandbattcrien und noch mehr durch Torpedos, von denen in diesem Kriege ein sehr erfolgreicher Gebrauch gemacht ward, in ihren Bewegungen ge-. hemmt, zwei Panzerschiffe in die Luft gesprengt. Dank der Saumseligkeit des türkischen Oberbefehlshabers Abdul Kerim setzten die russischen Truppen, ohne auf große Hindernisse zu stoßen, auf Booten und einer Schiffbrücke bei Galacz über die Donau und bemächtigten sich der festen Orte Matschin, Jsaktscha, Tultscha, Babadagh, Hirsowa in der Dobrudscha, während die Türken sich nach der Linie Czernawoda-Kustendsche am Trajanswall zurückzogcn. Ein Versuch Schuwalow's, daö Londoner Kabinet auf Grund eines Programmes über die in den Donau- und Balkanländern durchzuführendcn Reformen und Neugestaltungen > zur Mitwirkung oder doch zu einer bestimmten Zusicherung seiner Neutralität zu gewinnen, hatte so wenig Erfolg wie die früheren Verhandlungen. Der neue Botschafter in Constantinopel, Layard, der berühmte Entdecker der Ruinen und Bildwerke von Ninive, hatte eine Anfrage Dcrby's mit der Versicherung bcant-13. Ium. wortet, die Pforte würde ein Programm nimmermehr annehmen, das die Bul- garei in eine autonome Vasallenprovinz zu verwandeln, Rumänien und Serbien unabhängig zu machen und Montenegro zu vergrößern Vorschläge. So schritt denn Rußland allein und eigenmächtig in den Kricgsopcrationen weiter. Fast ohne Widerstand setzte das Hauptheer von Simnitza nach Sistowa über die Donau A-27.