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II. DieIahrc 1875 bis 1880 in geschichtlichen Umrissen. 1255 » t ii 1> ii r ii ii ii e 11 t l> s i 1 c innncrhin mit Serbien ein Fricdcnsschlnß zu Stande gebracht werden; in den schwarzen Bergen und in den andern aufständischen Provinzen dauerten die Kämpfe und die Gährung fort, und Rußland zog eine mächtige Armee in seinen Südprovinzen zusammen. Zugleich trat in Constantinopcl ein Ministcrwechscl ein, der wenig Aussicht zu einer Bcrständigung eröffnete. Midhat Pascha, die Seele der Reformpartci, wurde gestürzt und verbannt, Edhem Pascha an seine Stelle erhoben. In Petersburg halte man aber schon zu laut verkündigt, daß das Loos der christlichen Umerthanen der Pforte gebessert, die Zustände in den türkischen Provinzen geändert werden müßten, als daß man hätte stillhnlten oder znrückschreilcn können. Schon nm der öffentlichen Meinung willen, die von den panslavistischen Heißspornen bestimmt und geleitet ward, mußte etwas Durch greifendes geschehen; der Kaiser mußte der nationalen Strömung nachgcben, wenn er Herr der Situation bleiben wollte. Aber ehe der Zar das Schwert zog, wollte er sich Sicherheit verschaffen, daß die übrigen Großmächte der Türkei keinen Beistand leisteten. Wenn cs der russischen Diplomatie gelang, der euro päischen Politik eine solche Wendung zu geben, daß das Zarenreich als Voll strecker der von der Pforte zurückgcwiescnen Conferenz-Präliminarien zu handeln schien, daß ihm gleichsam eine europäische Mission zugethcilt wäre; so blieb der Krieg auf die Balkanhalbinscl beschränkt und Rußland konnte mit den Waffen von der Türkei verlangen, daß sie dem übrigen Europa zu Willen handle. Und wenn Rußland auch nur so viel erreichte, daß die übrigen Mächte ihre Neutralität erklärten, daß sic von jeder Jnterccssion abstandcn und somit dcr Krieg localisirt blieb, konnte man in Petersburg immerhin hoffen, über das zerrüttete Osmancn- rcich leicht Meister zu werden. Durfte man doch überall aus den Beistand der christlichen Einwohner im Lande selbst zählen. Darum waren die russischen Bot schafter, Jguatiew und Schuwalow, aufs Eifrigste bemüht, die europäischen Mächte für ihre Zwecke zn gcwiuucn. Von Deutschland und Oesterreich, von Ms-zibrr. Frankreich und Italien war wenig Widerspruch zu befürchten. Alle diese Re gierungen trugen kein Verlangen, Gut und Blut für einen Krieg zu opfern, der, so lange er den Charakter eines Zweikampfes trug, kein besonderes Interesse für sie hatte. Oesterreich und Italien hofften ein Stück von der Beute davon zu tragen; Bismarck meinte, das noch unfertige junge Reich dürfe für unsichere und fremde Zwecke nicht die Knochen auch nur Eines pommerschcn Grenadiers zer schießen lassen. Frankreich bedurfte noch dcr Sammlung und Erholung nach seinen großen Unfällen und bei seiner inneren Krisis. . So hatte es denn die russische Diplomatie nur mit England zu thun. Jgnatiew und Schuwalow übten die diplomatische Kunst mit der ganzen Virtuosität, die durch Tradition ein Erbthcil dcr russischen Politik geworden ist. Es gelang ihnen jedoch nicht, das Torycabinet für die Auffassung zu gewinnen, daß ein höheres ideales Völker recht, welches für Zwecke eines Cultur- und Humanitätsfortschritts die Ein mischung in ein fremdes von barbarischer Mißwirthschast zerrüttetes Staatswesen