1242 R Neueste Zeitgeschichte in ihrem äußeren Verlaufe. König nahm die Entlassung an und übertrug die Bildung eines neuen Cabimts dem früheren Ministerpräsidenten Canovas del Castilla. Der Wechsel wurde als ein Einlcnkcn in retrograde Bahnen aufgcfaßt und erzeugte eilte große Aufregung in Madrid und im ganzen Lande. Castelar hatte schon früher ein demo kratisches Manifest erlassen, worin ec die rückhaltlose Umkehr zu der Verfassung von 1869, zu der Freiheit des Glaubensbekenntnisses, der Presse, des Unter richts, der Vereine und Versammlungen verlangte. Jetzt wurden diese Forde rungen in energischeren, ja drohenden Worten wiederholt; mehrere Generale reichten ihre Entlassung ein, um ihre Sympathie» für General Campas zu bc- 30 weisen; ein neues Attentat erschreckte die Welt. Als das Königspaar in einem offenen Wagen von einer Spazierfahrt nach dem Palastc zurückkchrte, feuerte ein junger Mann. Franzisca Otero Gonzalez aus Galizien, aus einer zweilänfigen Pistole ganz aus der Nähe zwei Schüsse ab, welche jedoch glücklicherweise weder den Monarchen noch die Königin verletzten. Der Thätcr wurde ergriffen und in Haft gebracht. Alle diese Zeichen der Zeit dcntcn ans ein bewegtes Staats- und Volksleben, das nur mühsam in den Schranken des Gesetzes und der monarchi schen Ordnung gehalten werden kann. 3. Oer orientalische Krieg und Rußland. Di- -mständ- In Zeiten kriegerischer Actionen, wobei cs sich um die Geschicke von Staaten und Völkern handelt, ist das Interesse und die Aufmerksamkeit auch solcher Länder, die nicht unmittelbar bethciligt sind, nach dem Schauplatz gerichtet, wo Lebensfragen durch das Schwert gelöst, Völkerschicksale auf dem Schlaehtfcldc entschieden werden. Dann werden die eigenen häuslichen Anliegen mehr in den Hintergrund gedrängt. Dieser Fall trat in den letzten vier Jahren ein, während welcher man sich abmühtc, die orientalischen Wirren zu ordnen. Das Drci- kaiscrbündniß war hauptsächlich mit Rücksicht auf die wachsende Zerrüttung in der europäischen Türkei geschlossen worden. Sein nächster Zweck sollte die Er haltung des Friedens in der Balkanhalbinscl sein. Aber unter dieser Decke lagen Nebenabsichten verborgen. Oesterreich und Deutschland hofften den russischen Kaiser moralisch zu binden, daß er den panslavistischcn Tendenzen, die in Uebcr- cinstimmung mit der altmoskowitischcn traditionellen Politik die verwandten Volksstämme an der Niedcrdonau in das russische Weltreich cinznfügcn trachteten, widerstrebe; während man in Petersburg und Moskau die stille Ansicht hegte, die beiden verbündeten Großmächte würden der Begehrlichkeit und geheimen Aus dehnungspolitik des Zarenreiches Nachdruck verleihen. So begann denn ein di plomatisches Verstcckspicl, das schon im Jahre 1875 zugleich mit den Volksauf ständen in Bosnien und der Herzegowina seinen Anfang nahm und in den folgenden Jahren mit den sich mehrenden Verwickelungen in dem pcninsularischcn Völkerconglomerat immer weitere Dimensionen gewann, bis endlich durch das