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1210 I-'. Neueste Zeitgeschichte in ihrem äußere» Verlaufe. »nd Abwehr ; Agitator und selbst Revolutionär, wo cs gilt, Anhänger zu gc- winncn oder Gegner unschädlich zu machen; nichts berücksichtigend, was nicht zum Ziele führt, Alles versuchend, waS demselben näher bringt, und nach er rungenem Siege die Hand des unsympathischen Kampfgenossen, die ihm zmn Erfolge beglückwünschen will, von sich weisend, dem Gegner im Stillen mehr Achtung spendend als dem selbstsüchtigen Kampfgenossen: das war Bismarck, seit er in die politische Oeffcntlichkeit trat, das war er auf allen Gebieten seiner vielverzweigten Wirksamkeit im verflossenen Jahre." 2. Das Ausland. U. Oesterreich - Ungarn . D-rKaisn. Ehedem stand die Habsburger Monarchie an der Spitze der deutschen "" ""ihm"! Reichsgcschichte. Aber schon zur Zeit des Bundestages konnte ein süddeutscher Staatsmann den Ausspruch thun: „Die Deutschen und die Ocstcrreichcr können nicht zusammen leben, sic können nur zusammen sterben, sterben auf dem Schlacht- feldc gegen den gemeinsamen Feind." Wir wissen, wie vor einem Jahrzehnt und darüber der blutige Schnitt vollführt wurde, der das alte Band gelöst hat. Die Schöpfung eines Doppelreiches Oesterreich-Ungarn war ein zweiter Schm" in das Völker- und Staatcn-Longlomcrat an der Donau, das man einst aus dem Wiener Congrcß künstlich zu einem monarchischen Stantskörpcr zusaunncn- gesügt hatte. Trotzdem fehlte der einheitliche Mittel- und Schwerpunkt, und dir centrifugalen Kräfte gewannen mehr Raum und Intensität. Nicht genug, daß das Königreich ostwärts der Leitha sich mehr und mehr zu einem nationale» Ganzen zu organisiren bemüht war, seine eigenen Interessen höher anschlug, als die Wohlfahrt und Größe des Gesammtreichcs; wir wissen bereits sS. 1131 st, daß auch die slavischen Völkerschaften, welche dem Staatcnverband im Weste» der Leitha angehören, insbesondere die Czechcn in Böhmen, nach einer ähnliche» politisch-nationalen Autonomie streben wie die Magyaren, daß in manche» Köpfen die Idee von „Bereinigten Staaten Oesterreichs" zu keimen begann, va» einem Staatenbunde, dessen Cinzelglicdcr nur in dem monarchischen Oberhaupte ihren Vereinigungspunkt hätten. Selbst im Herrenhause sprach man von einci» „Zerbröckelungsprozeß", in dem sich Oesterreich befände. Noch im Jahre 1875 weigerten sich 71 altczechische Abgeordnete in den böhmischen Landtag einzu- trcten jund überreichten eine Denkschrift mit Anklagen gegen die Mängel dcr Verfassung. Im Jahre 1876 sah sich die kaiserliche Regierung sogar genöthigt, den Landtag in dem sonst so trenen Tirol „wegen pflichtwidrigen Benehmens dcr M.n ik?«. Mehrheit" zu schließen, als die Ultramontanen mit leidenschaftlicher Intoleranz für die „Glaubenseinheit" eintraten. Bei so getheilten Interessen und verschieden artigen Zielen war cs eine schwere und mühevolle Aufgabe, das Staatsschlsl