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I. Erstes Lustrum nach dem Frankfurter Frieden. 1165 Waffen gebrauchend. Verbittert über diese Zersetzung des calvinischen Gemein wesens wanderten viele angesehene Familien aus, so daß die alte ehrbare Stadt mit ihrer wohlhabenden gebildeten Bürgerschaft ihren früheren Charakter ein- bnßte. Nun eröffnete die römifch.jcsuilischc Propaganda ihren Feldzug. Wenn cs gelänge, die -Kirche Calvin's, die hcrrliche.Kathcdralc Samt Peter wieder für den Papismus zu gewinnen, welch ein Triumph für den Ultramontanismus! Man ging klug und vorsichtig zu Werke ; durch eine Kriegslist sollte die Erobe rung eingelcitet werden. Seit der Reformatio» gab cs in Genf keinen Bischof mehr; die katholische Kirche stand unter dem Bischofsitz von Freiburg. Da er nannte nach einer Weisung von Rom der Freiburger Bischof de» Genfer Pfarrer Abbe Mermillod zu seinem Gcncralvicar in jener Stadt und der Papst er- theiltc demselben den Titel eines Bischofs von Hebron i. p. Damit war der Kriegsplan eingelcitet. Im Juli 1872 drang die Kunde in die Ocffcntlichkcit, der Papst habe aus eigener Machtvollkommenheit ohne sich um die Landesregie rung im Geringsten zu kümmern, Mermillvd in aller Form zum Bischof von Genf ernannt. Nun raffte sich der Staatsrakh auf. Als er auf seine Beschwerde bei dem Freiburger Ordinariat eine ausweichende Antwort empfing, erklärte er Mcrmillod, daß man ihn nur als Pfarrer von Genf, nicht aber als Generalvicar und Diöcesanbischof anerkenne, und untersagte ihm die Ausübung aller bischöf lichen Rechte auf dem Gebiete des Cantons. Dieser aber crwiedcrte, daß er seine Vollmachten vom heiligen Stuhle habe und daß er fortfahren werde trotz des Verbots des Staatsrathes seine bischöflichen Functionen auszuüben. Die übrige katholische Geistlichkeit stand aus Mermillod's Seite. In dieser kritischen Lage wandte sich die Landesregierung an den Bundesrath in Bern, und als dieser das O«br. 1872. Vorgehen der Curie und des Genfer Klerus für ungesetzlich erklärte, wurde Mer- millod über die Grenze gebracht. Er nahm seinen Aufenthalt in dem nahen Fctr. rsrr. Ferncy auf französischem Gebiete, da wo einst Voltaire den Abend seines Lebens verbracht hatte, über das »Loraser l'iirkanae« nachdenkend, und setzte unter Con- nivenz oder Begünstigung der französischen Behörden sein agitatorisches Treiben in seiner Heimath fort. Der große Rath aber unternahm cs, die Rechte und Verhältnisse der katholischen Gemeinden auf eigene Hand neu zu ordnen. Die Wahl der Geistlichen sollte den Gemcindegliedern zustehen, die Gewählten aber gehalten sein vor ihrem Amtsantritt einen Eid zu leisten, daß sie den Gesetzen und der Obrigkeit des Landes gehorchen wollten, nnd ihre Wahl und Anstellung von Zeit zu Zeit erneuert werden. Bald darauf nahm der französische Kleriker Loison, bekannt unter dem Nanicn Pater Hyazinth und ehedem sehr gefeiert als schwungvoller Kanzelredner, seinen Aufenthalt in Genf und gab den Anstoß zur Bildung einer altkatholischen Gemeinde französischer Zunge, eine Begebenheit, die bald in andern Gemeinden Nachahmung fand. — Um dieselbe Zeit schied ein andrer illustrer Fremdling, der seit Jahren in der schönen Lemanstadt ein Asyl gefunden hatte, der verbannte Herzog Karl von Braunschweig aus der Welt und