I. Erstes Luftrum nach dem Frankfurter Frieden. 1157 mente Frankreichs. Nicht nur, daß die Schule unter der geistlichen Herrschaft blieb, daß die Erziehung der künftigen Geschlechter, besonders der weiblichen Jugend, noch mehr als zuvor den Händen der Ordensbrüder und Ordensschwe stern anvertraut ward; auch im äußeren Leben wurde die kirchliche Werkhciligkeit mii bewußter Ostentation getrieben. Hatte schon vorher die Geistlichkeit den unglücklichen Ausgang des Kriegs zum Triumph der katholischen Kirche zu be nutzen gesucht, indem sic die zerstoßenen und erschütterten Gcmüthcr auf die Heil mittel und Tröstungen der religiösen Handlungen, der Gebete und Andachts übungen himvics, das öffentliche Unglück der zunehmenden Gottlosigkeit der Welt zuschreibcnd; so wurde jetzt, wo ein politisch und geistig wenig befähigter Militär und ein charakterloser intriganter, in der Wahl seiner Mittel nicht wäh lerischer Minister-Präsident das Gemeinwesen leiteten und des Marschalls bigotte Gemahlin den Ton in der höheren Gesellschaft angab, eine heuchlerische Kirch lichkeit gepflegt und als Mode der vornehmen Kreise in Ucbung gebracht, der gleichen man seit dem Mittelalter nicht erlebt hatte. Pilgerfahrten zu wunder- thätigen Orten wurden als nationale Festparticn veranstaltet, wozu sich aus andern Ländern papistische Aristokraten einfanden; an dem Wallfahrtsort Parcy-le-Monial wurde von einer Anzahl legitimistischer Deputaten, unter Theilnahme des Bischofs von Autun, Frankreich dem heiligen Herzen Jesu in der einer verzückten Heiligen aus dem siebenzehnten Jahrhundert, Marie Ala coque, errichteten Kapelle geweiht; himmlische Visionen tauchten massenhaft AM« auf; Wundererschcinungen und Wallfahrten verbreiteten sich wie ein dichtes Netz über Frankreich; der Abgeordnete Keller beantragte den Bau einer neuen Kirche' auf dem Montmartre „zum heiligen Herzen Jesu", um auf Frankreich und die Hauptstadt die göttliche Barmherzigkeit und den göttlichen Schutz herabzuflchen. In diesem Treiben, an welchem sich alle monarchistischen und rcactionärcn Frac- tionen gleichmäßig betheiligten, lag zugleich eine Demonstration gegen die „Ver folgung der Kirche" in Deutschland. Die alten Rachegcdanken flossen mit der neuen Wuth über das Vorgehen der deutsch - preußischen Regierung gegen die Kirche in Eins zusammen. Auf den Wallfahrtsfestcn betete man: „Rette Frank reich und Rom und hilf uns Elsaß und Lothringen wieder befreien". Aber auch die neue Regierung war weit entfernt, durch kriegerisches Auftreten dem himmlischen Arm vorgreifen zu wollen: vielmehr war sie eifrig beflissen, ».d-KaiMn. den Frieden nach Außen zu erhalten, mit desto kräftiger dem bedenklichen Fort- schrciten des republikanischen Geistes, das sich bei jeder Nachwahl kund gab, im Inneren entgegentreten zu können. Die sicherste Bürgschaft schien ihr eine mon archische Restauration zu bieten. Die herrschende Seite der Nationalversammlung betrieb daher aufs Eifrigste eine „Fusion" der beiden Zweige der Bourbonischcn Dynastie als den sichersten Weg zn diesem Ziele. Sie erlebte denn auch den Triumph, daß der Graf von Paris nach Frohsdvrf reiste, um im Namen dcr"z"^ Familie Orleans dem Grafen von CH am bord als dem Chef des Hauses zu