100 Zwischen zwei Revolutionen. sie schmeichelten, wie Louis Blanc, der Eigenliebe und dem Selbstgefühl der arbeitenden Klassen durch Ucbcrschätzung ihrer Leistungen und ihrer Bedeutung, predigten Ausgleichung von Kapital und Arbeit und forderten bessere Belohnung und Sicherstellung der letzteren mittelst einer vom Staat vorzunchmcnden Orga nisation. Diese fanden ihr Heil nur in einer Umgestaltung der socialen Ver hältnisse und eigneten sich die von einigen Schwärmern und verschrobenen Kopsen ausgesonnenen Systeme des Communismus und Socialismus an, deren Theo rien und Tendenzen wir früher kennen gelernt haben. Louis Blanc sucht in seiner „Geschichte der Zehn Jahre" den Beweis zu liefern, daß die Herrschaft der Bourgeoisie Frankreich im Innern und nach Außen geschädigt habe. Durch Aufstellung des Census habe sie die Politik der Hauswirthschaft in die Verwal tung der Staaten übertragen, und durch das ängstliche Bemühen, alle Konflikte mit dem Auslande zu vermeiden, um keine Geschäftsstockung herbeizuführeu, habe sic die Ehre und das Ansehen der Nation herabgewürdigt. Aber noch be schränkter war der Gesichtskreis der demokratisch-republikanischen Weltrcforma- toren. Ohne Einsicht in das großartige Räderwerk des Völkcrvcrkehrs legten sie an die menschliche Gesellschaft den kleinen, engherzigen Maßstab der Wcrkstätte und der Clubs. Wuchernd verbreiteten sich die kommunistischen und socialisti- schen Ideen: in den Schleier des Verbotenen und Geheimnißvollen gehüllt er schienen sie beschränkten Köpfen und gedrückten Gemüthern als tiefe Weisheit und als Anker der Rettung; von den gebildeten Klassen wenig beachtet oder als Hirngespinnste verspottet, blieben sie unwiderlegt und wurden von böswilligen Volksverführern unkrautartig in allen Ländern ausgestreut. Die durch den langen Frieden bewirkte Blüthe des Handels, des Verkehrs, der Industrie, hob den Wohlstand der besitzenden Klassen; durch ein ausgedehntes, auf Wechseln und Papiergeld beruhendes Creditsystem wurde das Vermögen Einzelner ins Unberechenbare vermehrt; der dadurch hcrbeigcführtc mit hoher Civilisation stets verbundene Glanz und Luxus der höhern Stände blendete die mittellose Masse und erzeugte in ihr den Wahn von unermeßlichen Schätze», die in den Häusern der Reichen lügen, von unglaublichen Gcwinnsten, welche die Kauf- und Fabrik- Herren aus dem Schweiß und der Mühsal darbender Arbeiter zögen. Diese Zu stände wurden schlau benutzt, um die ungebildeten, beschränkten, oft arglosen Ge- müther der untern, von materieller Noth gedrückten und durch die Zurücksetzung gekränkten Volksklassen mit einem sophistischen Truggcwebe von Gleichheit und Brüderlichkeit zu bestricken. Die der Selbstsucht, der Schlaffheit wie der wirklichen Noth zusagenden Lehren der Agitatoren fanden bei dem zunehmenden Proletariat einen fruchtbaren Boden. Umsturz des Bestehenden, Ausgleichung des Besitzes und der Lebensbedürfnisse, Kampf gegen die höhern Klassen war das Ziel der geheimen Vereine; ihre offene Losung Wahlreform, Verfassungsänderung. Auf regende, den Haß gegen das Bürgerthum nährende Gedichte und ergreifende Schilderungen der socialen Verhältnisse und des menschlichen Elends steigerten