I. Erstes Lustruin nach drin Frankfurter Frieden. 1151 durch entging der französischen Regierung die cimnüthige moralische Stärke, welche eine gründliche Herstellung des Staatswesen«, eine Heilung der Schäden und Gebrechen durch eingreifende legislatorische Reformen ermöglicht hätte; sie gcricth in ein Schwanken und verzettelte ihre Kräfte durch leidenschaftliche Parteikämpfe. Thier« Hane neben der Befreiung der besetzten Provinzen von den deutschen Occupationstruppcn in erster Linie die Reorganisation dcS fran zösischen Heerwesens in« Auge gefaßt. Doch konnte er sich nicht zu dem Ent schlusse aufschwingen, die allgemeine Wehrpflicht und die allgemeine Schulpflicht, durch welche sich einst das nicdergeworfene Preußen in einer noch viel drückenderen Lage zu einer sittlichen Regeneration emporgcarbcitct hatte, im ganzen Umfange einzusührcn und zur Wahrheit zu machen. Dem Namen nach wurde freilich auch in Frankreich die allgemeine Wehrpflicht zum Gesetz erhoben und die Streit kraft auf eine enorme Höhe gebracht, aber unter solchen Bedingungen und Be schränkungen , daß sich die reicheren und gebildeteren Klassen vom Dienste im Heere befreien konnten und somit die aktive Armee nach wie vor aus Berufssol daten bestand. Und als der Cult- und Unterrichtsminister Jules Simon ein Schulgesetz auf liberaler Grundlage in Vorschlag brachte, erfuhr dasselbe von Seiten des Klerus und seines Vorkämpfers, des Bischofs Dupanloup, so starke Anfechtungen, daß das Vorhaben von der Regierung aufgegebcn ward. Um das Heerwesen in solchen Stand zu setzen, wie Thiers beabsichtigte, bedurfte es einer Erhöhung des Militärbudgets und folglich auch einer Erhöhung der Staats einnahmen. Dazu wäre eine allgemeine Einkommensteuer das zweckmäßigste Mittel gewesen; aber aus Rücksicht für die höheren Klassen, denen diese Besteue rung eben so wenig genehm war, wie die allgemeine Wehrpflicht, wählte Thiers nicht diesen Ausweg, sondern schlug neben andern kleineren Mitteln eine Besteue rung der Rohstoffe vor, also eine Rückkehr zum alten Schutzzollsystem, dessen Beseitigung eine der wenigen wohlthätigen Handlungen des Bonaparte'schcn Nserthums gewesen war. In der Nationalversammlung erhob sich gegen diesen Antrag eine so lebhafte Opposition und von Seiten der Rechten eine so gereizte Debatte, daß Thiers und das ganze Ministerium ihre Demission einreichten. Aber noch konnte man sich nicht über einen Nachfolger vereinigen. Daher gab die Nationalversammlung unter dem Vortritt Batbie's die Erklärung ab, daß in der Abstimmung über die finanzielle Frage kein Beweis von Mißtrauen gegen das Oberhaupt der Negierung enthalten sei, und bewog den Präsidenten unter Berufung an seinen Patriotismus, von seinem Entschlusse abzustehen. Darauf wurde durch die Vereinigung der Regierungspartei und der Linken die Steuer- dorlage mit gewissen Modifikationen zum Gesetz erhoben und die Kündigung der Juli isn. bestehenden Handelsverträge genehmigt. Nun konnte auch die Organisation des Heerwesens, über welche Monate lang die heftigsten Debatten geführt worden waren, nach dem Sinne des Chefs der Executivgewalt, der sich bei den Verhand- iungen persönlich aufs Eifrigste betheiligt hatte, zur Einführung gebracht werden.