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1128 L. Neueste Zeitgeschichte in ihrem äußeren Verlaufe. nieiitarischc Bewilligungsrecht zwischen beiden Ziffern sich bewegen würde, lraic» aber schließlich dem Bennigsen'scheu Kompromiß bei. RuchrgUkh Gewährte das Militärgesctz, zu dem noch in der Hcrbstsession ein Land 'N'«»«l sturmgcsetz als Vollendung der deutschen Gesammtwehrvcrfassung hiuzukain, dem Reich ein starkes Rüstzeug gegen äußere Feinde, so erhielte» die Regierungen i"'M"i durch ein neues Kirchengesch eine scharfe Waffe wider den inneren Feind. Nil ''"' sehr immer die Centrumspartei sich gegen de» Versuch stemmte, dm preußische» Maigesetzcn durch eine» Antrag zur „Verhinderung der unbefugten Ausübung von Kirchenämtcrn" in allen deutschen Bundesländern Nachdruck zu verschaffe», und ihre bewährtesten Vorkämpfer ins Treffen schickte: die vorgcschlagenen Maß' regeln wider Geistliche, die wegen Ungehorsams gegen die Staatsgesctze ihres Amtes enthoben worden, wurde» mit großer Majorität angenommm. Diese Erweiterung und Ergänzung der „Maigesehe" verschärfte die Strafmittel der Gerichte, indem sie den Regierungen das zwiefache Recht in die Hand gab, ei»' mal renitente Kleriker an einen andern Ort zu versetzen, damit sie factisch ver hindert seien, noch ferner amtliche Handlungen sich anzumaßen, und sodon» solchen Geistlichen, die beharrlich und systematisch dem Gesetze den Gehorsm» versagten, die deutsche Staatsangehörigkeit zu entziehen. Unter diesen geistig 2. Av-u. Kämpfen schied der ehemalige Cultusminister Mühler in Potsdam aus der Web! sein System war gefallen, nun rief das Schicksal ihn selbst ab. unr-montan- Die strenge Durchführung der Mai- und Rcichsgesetze gegen alle, welche dir u.d geistliche Weltherrschaft über den Staat setzten, die Landesgesetze thatsächlich miß Kissing»" richteten und dein canonischen Rechte unterordneten, reizte die Wuth der Klerikale» immer mehr. In der Presse, in Wandcrcasinos, in Gesellenvereinen wurde der Haß gegen die Liberalen geweckt und genährt und ein religiöser Fanatismus erzeugt, welcher der deutsche» Volksnatur sonst ganz fremd war; in dem Mainzer Katholikenverein unter aristokratischer und klerikaler Führung kamen AnselM n.Jmu ungcn zum Ausdruck, die an Vaterlandslosigkeit und Kncchtssiun gegen fremd Autorität an die Jahre der Napoleon'schen Zwingherrschaft erinnerten. An de» ultramontanen Herzen schien der nationale Aufschwung, schien jede vaterländische Gesinnung spurlos vorübergegangen zu sein. Da wurde die Welt plötzlich cnM geschreckt durch die Nachricht, auf den zur Heilung seiner Gichtschmerzen n» rz. Jun.Bade Kissingen weilenden Reichskanzler sei ein Mordversuch unternommen worden. Der Verdacht lag nahe, daß die ultramontancn Wühlereien und Läste rungen die ruchlose That hcrvorgerufen; und wenn sich auch bei der gerichtliche» Untersuchung in Würzburg hcrausstcllte, daß der Urheber der Frevelthat, Kull mann, ein verkommener Tischlergeselle aus Magdeburg, nicht das Werkzeug einer Verschwörung gewesen, sondern den Mordplan- aus eigenem Antrieb gefaßt, s» ging doch aus seinen offenen Geständnissen hervor, daß er als Mitglied eines katholischen Gesellenvereins durch die ausreizenden Reden und das agitatorische Treiben der Leiter die Anregung zu dem Attentat empfangen habe. Glücklicher'