I. Erstes Sustrum nach dem Frankfurter Frieden. 1113 nehmungsgeist ins Fieberhafte und Unnatürliche gewachsen. Durch mancherlei beunruhigende und betrübende Zeichen der Zeit sah sich der Abgeordnete Lasker bewogen, im Anfang des JahrcS 1873 im preußischen Landtag eine scharfe Kritik an den wirthschaftlichen Erscheinungen des Tages und insbesondere an den Vorgängen bei neueren Eisenbahnbautc» zu üben, die Klage zu erheben, daß der Staat so viele Concessionen zu Privateisenbahnen ertheile, wodurch oft die Unternehmer auf Kosten der Actienkäufer sich unbillige Vorthcile zuwendeten. Das Handelsministerium wurde beschuldigt, bei solchen Eonccssionserthcilungen nach Gunst und Ungunst zu verfahren. Man nannte vornehme Namen, die daraus Gewinn gezogen. Darauf wurde von Seiten der Regierung eine Unter- snchung angeordnet, in Folge deren der Geheimerath Wagener sich veranlaßt sah, aus seiner bisherigen einflußreichen Stellung auszuschciden; auch im Handelsministerium trat ein Personenwechsel ein. Ein allgemeines Mißtrauen und ein schwankender Credit durchdrang die wirthschaftlichen Kreise; man suchte bei der Gesetzgebung Schutz und Hülfe gegen Uebcrvorthcilung, Täuschung und Betrügerei, und bald hatte die Ungesundheit einer maßlos gesteigerten industriellen Production und Actienspeculation einen erschütternden Rückschlag in dem großen „Krach" und dem jahrelangen Darniedcrliegen von Handel und Wandel zur Folge. Im Anfang des Jahres 1873 war der Zwiespalt zwischen dem preußischen D» Episcopat und der Regierung auf solche Höhe gestiegen, daß die letztere auf dem rsrr Wege der Gesetzgebung Abhülfe suchen mußte. Es handelte sich um die Stellung des Staats an der Spitze des neuen Reiches; Preußens Ansehen stand auf dem Spiele. Wenn cs den Ultramontanen unter der Leitung der Bischöfe gelang, das Ministerium zum Nachgeben zu zwingen, so war zu erwarten, daß sich das katholische Ausland und die widerstrebenden Elemente im Reiche selbst mit der Politisch-kirchlichen Reaction vereinigten, um die preußische Hegemonie zu Falle zu bringen. Man hatte schon so manchen Systemwechsel in Berlin erlebt; konnte nicht auch jetzt wieder über kurz oder lang eine Wendung eintreten? Darauf hoffte man in den Kreisen der Ultramontancn und schritt auf der betretenen Bahn fort. Es war somit für die bestehende Regierung ein Act der Nothwehr, als sie die erwähnten kirchenpolitischen Gesetzesvorlagen einbrachte, durch welche die Rechte und die Freiheit der Staatsbürger gegen jedes gewaltthätige Vorgehen der Hierarchie mittelst kirchlicher Straf- und Zuchtmittcl geschützt, die Anstellung der Geistlichen von der Erfüllung der Auzeigepflicht und einer wissenschaftlichen Vorbildung abhängig gemacht und dem Staate ein Einspruchsrecht bei der Be setzung kirchlicher Pfründen eingcräumt, ein königlicher Gerichtshof zum Schutz gegen geistliche Uebergriffe und zum Einschreiten gegen Bischöfe, die durch ihren Widerstand gegen die Staatsgesctze ihr Amt verwirkt, eingesetzt wurde, ein Aus nahmstribunal zur Sicherung der neuen kirchenpolitischen Gesetzgebung. Das Hauptgewicht lag auf dem dritten Entwurf, welcher die Erziehung der künf tigen Kleriker in geistlichen Seminarien verhindern und sic zum Besuche allgemeiner